Ostrakon Kairo CG 25674

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum
Erwerbsgeschichte

Das Ostrakon wurde 1912 während archäologischer Arbeiten im Hathor-Heiligtum von Deir el-Medineh durch Émile Baraize gefunden (Černý 1935, 56) und ist später in das Ägyptische Museum nach Kairo gekommen. Im Abschlussbericht der Arbeiten durch den Ausgräber sind allerdings keine Ostraka in der Fundliste erwähnt (Baraize 1914, 39–42).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Das Ostrakon wurde 1912 während archäologischer Arbeiten im Hathor-Heiligtum von Deir el-Medineh durch Émile Baraize gefunden (Černý 1935, 56) und ist später in das Ägyptische Museum nach Kairo gekommen. Im Abschlussbericht der Arbeiten durch den Ausgräber sind allerdings keine Ostraka in der Fundliste erwähnt (Baraize 1914, 39–42).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Das Ostrakon wird von Černý aufgrund paläographischer Merkmale in die 19. bis 20. Dynastie datiert, s. Černý 1935, 56.

Inhalt

Die kurze Notiz gibt die Angaben einer weisen Frau wieder, die diese bei einer Konsultation gesprochen hat. Der Text ist sehr fragmentarisch und daher schwer einzuordnen.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Notiz vermerkt das Ergebnis einer Konsultation einer weisen Frau.

Material
Künstliche Materialien » Keramik
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Das in zwei direkt passende Scherben zerbrochene Ostrakon aus rot gebrannter Keramik ist auf der rechten und linken Seite abgebrochen. Die erhaltene zusammengesetzte Scherbe ist 10,5 cm breit und 7 cm hoch. Das Ostrakon ist auf dem Recto mit insgesamt 5 Zeilen beschriftet, wobei nur die fünfte und letzte Zeile vollständig erhalten ist. Bei den vorhergehenden Zeilen ist weder der Anfang noch das Ende erhalten. Auf dem Verso befindet sich lediglich eine Zeile, von der nur das Ende erhalten ist.

Schrift
Hieratisch » Neuhieratisch

Der Text ist in einem recht schnell ausgeführt wirkendem Neuhieratisch geschrieben.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Der Text ist neuägyptisch geschrieben. Dies wird durch den Gebrauch des Präsens I deutlich.

Bearbeitungsgeschichte

Das Ostrakon wurde von J. Černý 1935 im Rahmen des Catalogue General ohne Foto, aber mit einem Faksimile publiziert (Černý 1935, 56, 75*–76*, pl. LXXIII). Darauf basieren sowohl die englische Übersetzung von J.F. Borghouts (1982, 24–25) als auch die deutsche Übersetzung von D. Karl (2000, 136). Darüber hinaus findet das Ostrakon in weiteren Arbeiten Erwähnung (Mathieu 1993, 336; Toivari-Viitala, Women at Deir el-Medina, 229; Neunert 2010, 108–109; Gabler 2018, 410–411; Nassar 2019, 45–47; Austin 2024, 148–151).

Editionen

- Černý  1935: J. Černý. Ostraca Hiératiques 1-2: Catalogue General des Antiquités Égyptiennes du Musée du Caire, Nos 25501-25832. Kairo 1935, 56, 75*–76*, pl. LXXIII.

- Borghouts 1982: J.F. Borghouts. Divine Intervention in Ancient Egypt and its manifestation (bꜣw). In: R.J. Demarée/ J.J. Janssen [Hgg.]. Gleanings from Deir el-Medina, Egyptologische Uitgaven 1. Leiden, 1982, 24–25.

- Karl 2000: D. Karl. Funktion und Bedeutung einer weisen Frau im Alten Ägypten. In: SAK 28, 2000, 131–160.

Literatur zu den Metadaten

- Austin 2024: A.E. Austin. Healthmaking in Ancient Egypt. The Social Determinants of Health at Deir el-Medina. CHANE 138. Leiden 2024.

- Baraize 1914: É. Baraize. Compte-rendu des travaux exécutés à Déîr-el-Médinéh. In: Annales du Service des Antiquités de l’Égypte 13, 1914, 19–42.

- Černý 1935: J. Černý. Ostraca Hiératiques 1-2: Catalogue General des Antiquités Égyptiennes du Musée du Caire, Nos 25501-25832. Kairo 1935.

- Gabler 2018: K. Gabler. Who’s who around Deir el Medina: Untersuchungen zur Organisation, Prosopographie und Entwicklung des Versorgungspersonals für die Arbeitersiedlung und das Tal der Könige. EU 31, Leuven 2018.

- Mathieu 1993: B. Mathieu. Sur Quelques ostraca hiératiques littéraires récemment publieés. In: BIFAO 93, 1993, 335–347.

- Nassar 2019: M.A. Nassar. The Wise Woman and the Healing Practice (O.OIM 16974), in: Journal of Ancient Egyptian Interconnections 24, 2019, 41–48.

- Neunert 2010: G. Neunert. Mein Grab, mein Esel, mein Platz in der Gesellschaft: Prestige im Alten Ägypten am Beispiel Deir el-Medine. Berlin 2010.

- Toivari-Viitala 2001: J. Toivari-Viitala. Women at Deir el-Medina. A Study of the status and roles of the female inhabitants in the workmen’s community during the Ramesside Period. EU 15. Leiden 2001.

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Ostrakon Kairo CG 25674

[Recto 1] […] [Die der] Stadt (?).1 Sie sagte zu mir (m.): „(Es ist) der Ba des Nemti2.“ Und du sollst […] Wie folgt: Du gehst zu der weisen Frau 〈wegen〉 des Kindes3 […] wegen des Lebens des Vaters (oder: für das Leben des Vaters).

1 [⸮Tꜣ-n.t?]-nʾ.t: Der Beginn der Zeile ist nicht erhalten. Man kann zu Beginn ein t über dem Ortsklassifikator O49 erkennen, gefolgt von der sitzenden Frau B1. Es handelt sich also sehr wahrscheinlich um die Reste eines Frauennamens. Oberhalb dieser Zeichen sind noch zwei kleine Zeichen zu erkennen, die nicht zuzuordnen sind. Borghouts (in: Demarée/Janssen, Gleanings, 57 [110]) und ihm folgend Karl (in: SAK 28, 2000, 137 [41]) vermuten Tꜣ-n.t-nʾ.t (RPN 1, 360.17: „Die der Stadt (Theben)“). Möglicherweise könnte hier auch eine Bezeichnung der weisen Frau vorliegen, und zwar in der Art von tꜣ rḫ.t n.t nʾ.t (ich danke Hans-Werner Fischer-Elfert für diesen Vorschlag). Denn das Suffixpronomen der 3. Person Singular femininum im folgenden Satz muss sich auf die weise Frau beziehen. Der Inhalt der wiedergegebenen Aussage ist da unmissverständlich. Eine derartige Bezeichnung ist allerdings bisher für die weise Frau nicht belegt. Daher folge ich einstweilen dem Vorschlag von Borghouts und Karl und gehe davon aus, dass die mit Namen genannte Frau mit dem Grund für die Konsultation der weisen Frau zusammenhängen dürfte.

2 Nmt.j: Zur Lesung siehe Borghouts, in: Demarée/Janssen, Gleanings, 57 [111].

3 pꜣ ꜥḏꜣ: Sowohl Karl (in: SAK 28, 2000, 137) als auch Borghouts (in: Demarée/Janssen, Gleanings, 24) übersetzen hier „Schuldiger“ bzw. „guilty one“. Ich bin aber überzeugt davon, dass auch hier ebenso wie im Ostrakon Letellier (Zeilen 2 u. 4: Letellier, in: Livre du centenaire, 128) und im Ostrakon Chicago (Zeile 3: Nassar, in: JAEI 24, 2019, 41) ꜥḏd „Kind“ (Wb 1, 242.11–17) gemeint sein muss, zumal die Zeichenspuren am Ende der Zeile recht gut mit dem Zeichen A17 (sitzendes Kind) in Einklang zu bringen sind. In diesem Kontext macht auch die Erwähnung des Vaters mehr Sinn.

Ich ging […]. [Sie] (?) sagte zu mir: „(es ist) der Ba der Thoeris […]4 [5] […].“ […] nehmen (?) [Verso 1] […] unter ihnen.

4 Karl (in: SAK 28, 2000, 137) ergänzt nb.t p.t. Mathieu (in: BIFAO 93, 1993, 336 [4]) schreibt hierzu, dass das pt-Zeichen N1 zwar von Černỳ nicht transkribiert wurde, aber sicher zu erkennen sei. Ich kann das allerdings nicht nachvollziehen, zumindest nicht für das Ende von Zeile 4 und den Beginn von Zeile 5. Zu Beginn von Zeile 3 gibt Černỳ noch einen Strich oberhalb des Hausgrundrisses O1 an. Könnte Mathieu darauf verweisen und sich in der Zeile geirrt haben?