Papyrus Ramesseum XV
Übersetzung und Kommentar
Recto: Magische Sprüche
[rto X+1, x+1] [---] andere/r/s [---] sein [___]-Gebäude, kämpfen [---], um zu neigen [---] der/den [---]. Folglich stirbt er.
Er kann (aber?) durch sie nicht(?)1 sterben in einem anderen Fall,2 [rto X+1, x+5] [--- (nämlich, wenn dieses und jenes passiert) ---]. [---] meine Finger [wurden(?)] zu den ‚Kindern der Müden‘ 3. Ich legte meinen Arm und meine Finger [---]3 (?)4 [---].
[rto X+2, x+1] [---] Ich bin [---] in der Nacht5; [i]ch [bin (?) ---] ihre Schwester [---] meine Finger. Der Redner(?) kann nicht [---] ergreifen [---]. [---] Horus.6 Mit [meinem] Bruder (oder: Onkel?) kämpfte ich.7 [---] [rto X+2, x+5] mit/in euren Balken (???)8. Zugewendet sind [---] / [---] wendet sich zu [---]9 [---] [---] ich griff nach dem, was seinem Verstande/Herzen nützlich ist (???), wissend [---]10 [---] belastet mich. [---] schlief mit [---] [---] Apophis ist ins Wasser gefallen [---] Ich kann den Kanal11 nicht befahren [---] [nicht(?)] [rto X+2, x+10] seinen Namen nennen. Es wird kein Fest12 gefeiert [---] Wasser vom Überschwemmungswasser [trinken] [---]. Gesagt wird [---]13
1 Geschrieben als 𓈖, nicht 𓂜. Sowohl Gardiner wie auch Meyrat deuten dieses n trotzdem als Schreibung der Negationspartikel. Quack (E-Mail vom 16.08.2022) vermutet dagegen hierin die Präposition n und erwägt eine Übersetzung des vorigen und dieses Satzes als „Er stirbt somit an den Dingen, an denen er gestorben ist“.
2 n ... ky zp: Der zerstörte Kontext macht es schwierig bis unmöglich, die genaue Nuance der Satzbedeutung zu fassen. Theoretisch wäre es auch denkbar, dass der Satz schon mit n=sn endet und mit ky zp, dann im Sinne von „Ein weiterer Fall: (...)“, eine neue Sinneinheit beginnt. Jedoch ziehen sowohl Gardiner als auch Meyrat das ky zp noch zu diesem Satz und interpretieren es daher als absolut gebrauchte Nominalphrase. Im Satz zuvor wird gesagt, dass „er“ folglich sterbe; im hiesigen Satz heißt es nun, dass „er“ nicht sterben kann. Das ky zp dürfte daher vielleicht auf veränderte Umstände hindeuten, unter denen dann eben kein Tod erfolgt.
3 Die „Kinder der Müden“ ist eine Bezeichnung einer Vierheit von Schlangen, die als Feinde des Sonnengottes erscheinen s. Wb I, 488.3 und C. Leitz (Hrsg.), Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Bd. III. p–nbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven 2002), 422c–423b. In ramessidischer Zeit scheint es sich hierbei um eine Bezeichnung von vier Erscheinungsformen des Apophis zu handeln, die am Anfang der Schöpfung den Sonnengott bedrohen und dem am Ende die vier Horuskinder gegenüberstehen, s. C. Leitz, Tagewählerei. Das Buch ḥꜣt nḥḥ pḥ.wy ḏt und verwandte Texte, Ägyptologische Abhandlungen 55 (Wiesbaden 1994), 99–101. Im späten Papyrus zu den Deltamythen, pBrooklyn 47.218.84, § 10 (Zeile 4.5–6) entstehen sie dagegen aus den vier Fingern des Sonnengottes: wn.jn ḏbꜥ.w n nṯr pn ḫpr r=sn m ms.w Bdš.t m Sḫ.t-snḥm.y n.t(j)t rs.j n Ḥtp.t: „Die Finger dieses Gottes [gemeint ist Re, L.P.] waren nun zu den Kindern der Müden geworden, im Heuschreckenfeld, das südlich von Hetepet liegt.“ (D. Meeks, Mythes et légendes du Delta d’après le papyrus Brooklyn 47.218.84, Mémoires publiés par les membres de l’Institut français d’archéologie orientale 125 (Le Caire 2006), 10). Schon Meeks (a.a.O., 200) vermutet in pRamesseum XV eine frühe Anspielung auf denselben Mythos, zumal in der folgenden Kolumne auch Apophis genannt wird. Aus diesem Grund wird hier vorgeschlagen, ebenfalls das Verb ḫpr zu ergänzen, um auch syntaktisch eine ähnliche Konstruktion zu erhalten, wobei hier keine Festlegung auf eine genaue syntaktische Analyse erfolgen soll – bei einer Deutung als Verbalsatz ist natürlich streng mittelägyptisch gesehen zusätzlich noch eine vordere Erweiterung zu erwarten.
Neben dieser mythologischen Anspielung dient ms.w-Bdš.t anscheinend auch als Bezeichnung einer realweltlichen Kategorie von Schlangen. Laut dem Brooklyner Schlangenpapyrus, § 20 (Zeile 1,22) gehören die sdb-Schlangen zur Kategorie der ms.w-Bdš.t (S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No. 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 14; vgl. auch § 48a, a.a.O., 74); und laut § 80b ist die bṯ.t-Schlange „ohne Ohren“ eine ḥnp.t-Schlange oder ein „Kind“ (d.h. eine Art?) der ms.w-Bdš.t-Schlangen (a.a.O., 108–109). Hinter der sdb-Schlange vermutet er (a.a.O., 151–152) Echis coloratus und in der bṯ.t-Schlange (a.a.O., 163) eine Viperart. Auch hinter ms.w-Bdš.t vermutet er daher eine Viper (a.a.O.). Dagegen hält C. Leitz, Die Schlangennamen in den ägyptischen und griechischen Giftbüchern, Akademie der Wissenschaften und der Literatur: Abhandlungen der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse 6 (Stuttgart 1997), 40–42 die sdb-Schlange für eine Sandrennnatter, genauer Psammophis schokari und/oder Psammophis sibilans, deren Charakteristika viel besser zu denen der sdb-Schlange passen würden als Saunerons Echis coloratus. Die Sandrennnatter gehört zu den Trugnattern, ebenso Telescopus-Arten, die Leitz, a.a.O., 42–45 als wahrscheinliche Identifizierung der beiden im Schlangenpapyrus erwähnten ḥnp.t-Arten ansieht; demzufolge vermutet er a.a.O., 146 auch in den Namen bṯ.t und ms.w-Bdš.t Trugnattern.
Vor dem Hintergrund dieser beiden Kontexte fragt sich, ob das Verso des Papyrus einen oder mehrere Sprüche gegen Schlangen enthält – die Erwähnung der Finger, die zu den ms.w-Bdš.t „[werden]“(?), könnten ebenso wie die Erwähnung des Apophis und anderer Sentenzen der folgenden Kolumne Anspielungen auf einen mythischen Präzedenzfall bilden, während die Wortfetzen „kämpfen“, „neigen“ u.ä. und auch die Sätze „Folglich stirbt er. Er kann durch sie kein anderes Mal sterben.“ an die Beschreibungen der realweltlichen Schlangen, ihrer Verhaltensweisen und dem Grad ihrer Gefährlichkeit im Brooklyner Schlangenpapyrus erinnern.
4 3: Die elaborierte Form der drei senkrechten Striche spricht vielleicht eher für eine Zahl als die Pluralstriche.
5 Lesungsvorschlag Quack (E-Mail vom 16.08.2022).
6 A.H. Gardiner, The Ramesseum Papyri. Plates (Oxford 1955), 15 schlägt vor: „(...) my son Horus“, hat also die Zeichenreste am Zeilenanfang als zꜣ=j interpretiert. Ob er an eine Schreibung [G39:Z1*Z1] dachte?
7 Da unmittelbar zuvor der Name des Horus erwähnt wird, ist es gut denkbar, dass hier vom Kampf zwischen Horus und Seth die Rede ist. In dem Fall läge kein Bruder-Verhältnis vor, sondern eines von Neffe (Horus) zu Onkel (Seth). Auch dieses Verwandtschaftsverhältnis wird durch sn ausgedrückt, s. D. Franke, Altägyptische Verwandtschaftsbezeichnungen im Mittleren Reich, Hamburger Ägyptologische Studien 3 (Hamburg 1983), 61-70, hier spez. 64 und 66. Welche Übersetzung bei sn dann die bessere wäre – „Neffe“ oder „Onkel“ –, hängt natürlich davon ab, wer hier redet; vermutlich ist es Horus, der in magischen Texten häufiger zu Wort kommt als Seth.
8 m sꜣ.w=tn: A.H. Gardiner, The Ramesseum Papyri. Plates (Oxford 1955), 15 übersetzt: „in an overland boat(?)“, was sich nur auf diese Stelle beziehen kann. P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 105 übersetzt dagegen: „avec vos poutres“. Meyrats Übersetzung von sꜣw als „poutres“ ergibt sich aus seiner Transliteration des Wortendes als Holz-Klassifikator über Pluralstrichen. Gardiner, der an eine Schiffsbezeichnung dachte, dürfte das obere Zeichen dagegen als hieratisches Schiff gelesen haben; das untere hat er jedenfalls nicht als Pluralstriche gelesen, da er singularisch übersetzt. Tatsächlich sieht das obere Zeichen einem hieratischen Schiff wesentlich ähnlicher als einem Ast; andererseits unterscheidet sich die Linienführung etwas von dem Boot, dass in Zeile x+9 das Verb sqdi̯ klassifiziert. An welches Wort für „overland boat“ Gardiner dachte, bleibt jedoch leider unklar. Ob er eine späte Form des sꜣṯ-Bootes dachte – ob unter Annahme einer Lautentwicklung sꜣṯ > sꜣt, einer anschließenden Re-Analyse als Feminium *sꜣ.t und einem Wegfall der vermeintlichen Femininendung: sꜣw? Zumindest ist das die einzige bekannte Bootsbezeichnung mit der Wurzel zꜣ. Jedoch zeigen die wenigen, wenn auch nicht ganz sicheren späten Belege (J.J. Clère, Une statue naophore hathorique d’Époque Saïte, in: Revue d’égyptologie 24, 1972, 46–54, hier 53, Z. D.4 und evtl. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 795), dass bei dieser Bootsbezeichnung der Dental nicht verschwindet.
9 Übersetzung höchst unsicher. Das Verb ḥzi̯ kommt normalerweise nicht ohne Erweiterungen aus, die aussagen, wer sich wohin bzw. wogegen wendet. Das darauf Folgende liest P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 343 und 105 nn rn jm: „il n’y a pas le nom là [...]“. Angesichts der dann fehlenden Erweiterung von ḥzi̯ sowie des Umstandes, dass man bei rn: „Name“ eine weitere Spezifizierung erwartet, fragt sich, ob das Hieratische nicht anders zu lesen ist, ohne dass aber ein Alternativvorschlag gemacht werden kann.
10 Sinn unklar.
11 mr wird üblicherweise mit dem Kanalzeichen geschrieben; auf Papyri kann das Wort dagegen auch, wie hier, mit der Hacke geschrieben werden: DZA 24.133.010 kennt solche Schreibungen für die 19./20. Dynastie; ein Beleg vom Ende der 18. Dynastie findet sich auch auf pMoskau o.Nr. (The Sporting King), Z. E3,2, R.A. Caminos, Literary Fragments in the Hieratic Script (Oxford 1956), Taf. 15. Üblicherweise wird das Wort als Kanal und/oder Teich bzw. künstlicher See verstanden, was darin begründet liegt, dass er oft „angelegt“ (jri̯) oder „gegraben“ (šdi̯) wird. In manchen Gaulisten erscheint der mr aber als Bezeichnung von bestimmten Abschnitten des jtrw-ꜥꜣ, des Nils, weswegen A.H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica. Vol. II (Oxford 1947), 164* vermutet, dass mr „was always a reach of the Nile, never a mere canal“.
Interessant ist ferner die Kombination mit dem Verb sqdi̯, die nicht idiomatisch zu sein scheint. Die Bewegungsrichtung ist daher nicht ganz klar.
12 ḥ(ꜣ)b: Das s direkt an der Abbruchkante lässt zunächst eine Ergänzung zu ḥ(ꜣ)b-s[d]: „Sed-Fest“ verführerisch erscheinen, aber es gibt ansonsten keinen Hinweis, dass man sich in diesem Text in einem königlichen Umfeld bewegt.
13 Der Satzanfang klingt danach, als könnte hier die Nachschrift mit der Rezitationsanweisung vorliegen: „[Dieser Spruch] werde gesprochen [über ...]“. Was vielleicht dagegen spräche, ist die schwarze Farbe des Textes, doch verwendet der Papyrus zumindest in den erhaltenen Teilen auch sonst keine Rubra.
Verso: Schutz- oder Abwehrzauber?
[vso X+1, x+1] [---]
Siehe, Horus [---] Furcht [---]. Ich bin der Knabe, der Einzigartige, das Licht(?)1 [---] tot [---], [den/das] ich im/mit [...] Wasser [verletz]te (o.ä.)2, den/das ich um meinetwillen finde, den/das ich (aber?) nicht finde [---].
Leiter der Beiden Länder,3 [vso X+1, x+5] du hast mich angeleitet. Leiter der Beiden Länder, ich will dir gewiss (helfend) den [Arm(?)] reichen.4 (Denn) siehe, man will dich töten (wörtl.: du sollst getötet werden). Ich will dir gewiss (helfend) die Hand reichen.4 (Denn) siehe, man will dich massakrieren5 (wörtl.: du sollst massakriert werden). (Aber) wahrlich, dich werden weder Menschen noch Götter, Verklärte oder Untote töten (können). Gegen mich soll nicht irgendwie schlimm und übel gehandelt werden, weil ich Horus bin, der 〈seinen〉 Vater rächt (und) sein Erbe (ist), der seine Hohe (Krone) (oder: seine beiden Hohen (Kronen)) erbt in Anwesenheit aller Menschen und [---]6, der gesamten Oberschicht und Unterschicht, [vso X+2] [---]
1 wꜥ.w ḥḏḏ[_]: P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 104 vermutet: „[l’uni]que de Hédéd[et]“. Ein solches Kompositum ist bislang im LGG nicht belegt; und vielleicht wäre es auch eher mit indirektem Genitiv gebildet worden. Könnte dagegen eher ein Mitglied der Wortfamilie ḥḏḏ: „leuchten“ vorliegen? Vgl. bspw. die im Amduat genannte Götterbezeichnung Ḥḏḏw.tj, die in griechisch-römischer Zeit auch in der kürzeren Form Ḥḏḏw vorkommt und einmal Horus-Behdeti bezeichnen kann (C. Leitz (Hrsg.), Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Bd. V. ḥ–ḫ, Orientalia Lovaniensia Analecta 114 (Leuven 2002), 611c–612a). Vor diesem Hintergrund ließen sich die Epitheta dieser Zeile vielleicht mit dem in der vorigen Zeile genannten Horus verbinden.
2 Von dem Verb ist nur noch das Bein mit Messer, Gardiner Sign-list D57 (𓂿) erhalten. Dieses Zeichen dient als Klassifikator für jꜣṯ: „verstümmeln; verstümmelt werden, schmerzen“ (Wb 1, 34.21-22; H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Erste Hälfte (ꜣ-r), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.1 (Berlin 1961), 20, §1) und nkn: „verletzen, beschädigen“ (Wb 2, 346.8-12); gelegentlich auch für andere Wörter und Wortfamilien (s. die Zeichenliste des Wörterbuches, Zettel D90), dort aber erst in späterer Zeit. Aufgrund des folgenden m mw kommt nur ein intransitives Verb infrage, oder ein transitives in einer syntaktischen Konstruktion, die ohne nachgestelltes direktes Objekt auskommt, wie eine Relativform. Dasselbe Problem liegt in der folgenden Zeile mit gmi̯=j vor, weshalb eine parallele Konstruktion recht nahe liegt.
Aufgrund der Unsicherheiten der Ergänzung ist auch unklar, ob m mw lokal oder instrumental aufzufassen ist. Die größte Wahrscheinlichkeit hat eine lokale Auffassung – falls der Redner Horus ist oder sich mit Horus identifiziert, würde diese Passage an die Episode des Zweikampfes zwischen Horus und Seth im Horusmythos des pChester Beatty I, wo Seth zugunsten des Horus durch Isis verletzt wird, und an den Horusmythos von Edfu, in dem Horus selbst den Seth verletzt, erinnern. Daneben bleibt die – wenn auch weitaus unwahrscheinlichere – Möglichkeit, dass m mw das Instrument ist, mit dem jemand geschädigt wird, nämlich durch eine bestimmte Flüssigkeit.
Das nur noch in Ansätzen vorhanden Wort hinter m mw ist vermutlich das letzte der Zeile; dahinter wird keines mehr gestanden haben. Zumindest sind alle nachfolgenden Zeilen kürzer als diese; und auch x+7, wo der Papyrus sogar noch etwas länger erhalten ist als in x+3 und die bis zur Abbruchkante vollgeschrieben ist, scheint vollständig zu sein. Möglicherweise handelt es sich um eine attributive Ergänzung zum „Wasser“.
3 Die Nominalverbindung „Leiter der Beiden Länder“ bzw. der beiden Landesteile, d.h. Leiter Ägyptens, kann, wenn auch nicht sehr häufig, als Epitheton verschiedener Götter verwendet werden (C. Leitz (Hrsg.), Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Bd. VI. ẖ–s, Orientalia Lovaniensia Analecta 115 (Leuven 2002), 629c–630a). Mit drei Belegen bezieht es sich am häufigsten auf Thot, einmal, in den Sargtexten, auch auf Horus. Wenn man dieses Epitheton hier noch an den vorherigen Satz hängt, in dem sich der Redner vielleicht mit Horus identifiziert (s. den entsprechenden Kommentar), könnte man in pRamesseum XV einen weiteren Beleg vermuten, in dem sich das Epitheton eben auf Horus bezieht. Andererseits braucht der Satz sšmi̯.n=k wj, streng mittelägyptisch analysiert, eine vordere Erweiterung, weshalb hier eine Deutung von sšm.w tꜣ.wj Vokativ und damit als vorangestelltes Subjekt (Schenkelsche Rang-II-Erweiterung) favorisiert wird. Damit scheidet ein Bezug auf Horus aus, so dass sich fragt, ob hier nicht ebenfalls Thot angerufen wird. Zu Thot als Magier und Arzt sowie als Heiler des Horus s. P. Boylan, Thoth, the Hermes of Egypt. A Study of Some Aspects of Theological Thought in Ancient Egypt (London 1922), 124–135.
4 Ergänzungsvorschlag Quack (E-Mail vom 16.08.2022). Zur Konstruktion s. J.F. Quack, Die Lehren des Ani. Ein neuägyptischer Weisheitstext in seinem kulturellen Umfeld, Orbis Biblicus et Orientalis 141 (Freiburg (Schweiz), Göttingen 1994), 97 mit Anm. 38.
5 ḥwtf: Während dieses Wort meist als „berauben“ oder „plündern“ verstanden wird, zeigt M. Defossez, Note lexicographique sur le mot ḥwtf 𓎛𓅱 𓏏𓆑𓍢𓂡, in: Revue d’égyptologie 38, 1987, 187–190, dass in einigen Fällen ein stärker pointiertes „tuer, massacrer“ besser passt. Auch in pRamesseum XV passt eine solche Bedeutung besser.
6 r(m)ṯ(.t) ⸢___⸣ nb.t: Zwischen den Menschen und den rḫ.yt hat – ganz unidiomatisch – noch eine weitere Personengruppe gestanden, die mit den Menschen so eng verbunden war, dass sie sich einen Quantifikator teilen.