Papyrus Louvre N 3233a

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Frankreich » (Städte M-P) » Paris » Musée du Louvre

Inventarnummer: N 3233a

Erwerbsgeschichte

Über die Erwerbungsgeschichte ist nur bekannt, dass der Papyrus zusammen mit einem weiteren Anfang des 19. Jahrhunderts in den Louvre gelangte. Dort bekam er die Inventarnummer N 3233a, der andere erhielt dieselbe Nummer, aber den Buchstaben b (Gasse 2016, 168).

Herkunft
(unbekannt)

Da die Erwerbungsgeschichte unbekannt ist, kann auch über die Provenienz keine Aussage gemacht werden. Weil er zusammen mit N 3233b inventarisiert wurde und wohl auch mit diesem in den Louvre gelangte, könnte mit größter Vorsicht vermutet werden, dass beide aus der gleichen Region stammen. Für letzteren wäre Deir el-Medineh ein möglicher Fundort, da ein paralleler Textzeuge (Papyrus Deir el-Medineh 37, siehe Koenig 1979, 103) von dort stammt. Allerdings ist das alles mehr als spekulativ.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 25. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Griechisch-Römische Zeit » Hellenistische Zeit » Ptolemäerzeit

Gasse gibt an, dass die genaue Datierung schwierig ist. Die gezeichneten Figuren erinnern stilistisch an die der Totenbücher der frühen ptolemäischen Zeit, weshalb sie diese als potentielle Datierung vorschlägt. Die früheste mögliche Entstehungszeit wäre nach ihr das 7. Jh. v. Chr. (Gasse 2016, 171). Der Stil und das Layout der Papyri N 3233a und b gehören nach Étienne – Pagés-Camagna 2013, 76 in die 25. und 26. Dynastie (ca. 722–525 v. Chr.).

Inhalt

Der Papyrus besteht nur aus einer einzigen Vignette. Diese zeigt von links nach rechts und auf einer Standlinie angebracht: eine Biene, die weiße oberägyptische Krone, einen komplett schwarz gemalten Skarabäus und einen Stier; drei schreitende Götter mit Schurz, Anch-Zeichen und Was-Zepter, der linke mit Löwenkopf (?; so nach Goyon), davor einer mit Falkenkopf und Doppelfederkrone (nach der Parallele Papyrus Leiden I 356b Darstellungen von Aker und Benu, ersterer dort allerdings als alter Mann dargestellt (Koenig 1979, 117 und Lexa 1925, Taf. 48)) und zuletzt mit Ibiskopf (vermutlich Thot). Ganz rechts befindet sich eine Szene, bestehend aus vier Göttern und einem weiteren Symbol: „l’élévation et l’adoration du reliquaire abydénien“. Links stehen zwei Göttinnen im Adorationsgestus, die durch ihren Kopfschmuck als Nephthys und Isis markiert sind. Rechts befindet sich zentral der abydenische Reliquienschrein, der zu beiden Seiten von einem Gott flankiert wird (und nach altägyptischer Vorstellung den Kopf des Osiris enthielt). Deren Pose deutet an, dass sie das Symbol aufstellen bzw. stützen. Beide sind mit einem Schurz bekleidet; der linke hat einen Falkenkopf und trägt die Doppelkrone, der rechte ist barhäuptig und hat den Kopf eines Schakals, sodass hier vermutlich Horus und Anubis abgebildet sind. Außer Anubis blicken alle Figuren nach rechts.

Die Götter scheinen alle im osirianischen Kontext zu stehen. Goyon vermutet darauf bauend, dass die vier ganz linken Symbole wohl nicht nur hieroglyphisch erscheinen, sondern auch als solche zu lesen sind, was er als nb ꜥnḫ nsw-bjtj „Herr des Lebens, König von Ober- und Unterägypten“ interpretiert und was gut zu Osiris passt (Goyon 1977, 47–49).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Papyrus erinnert vom Format her an einen Amulettpapyrus und wurde sehr wahrscheinlich auch als solcher genutzt (Gasse 2016, 170). Da nur eine Zeichnung vorhanden ist, kann nicht gesagt werden für wen es diente oder wofür es hilfreich sein sollte.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus hat heute die Maße 24,5 × 5 cm (Länge × Höhe) und war entgegen Goyons Interpretation nicht zusammenhängend mit N Louvre 3233b. Er war ursprünglich gefaltet (nicht gerollt, wie Goyon angibt), wie man an den Faltkanten erkennen kann. Aus konservatorischen Gründen wurde er auf Karton geklebt. Der Papyrus ist von dunkelgelber Färbung. Nur eine Seite ist mit einer Vignette, bestehend aus mehreren Göttern und weiteren religiösen Symbolen, bemalt. Bis auf eine kleinere Beschädigung am linken Rand von N 3233a ist der Papyrus gut erhalten (Goyon 1977, 45–46; Gasse 2016, 168 und 170).

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstedition des Papyrus mit Photographie, Beschreibung, Übersetzung und Kommentierung legte 1977 Goyon vor. Dieser hielt Papyrus Louvre N 3233a und b für einen Papyrus, der aus konservatorischen Gründen in zwei Einheiten getrennt wurde (Goyon 1977, 45). Eine Neuinterpretation der dargestellten Gottheiten legte Koenig 1979 in seiner Edition des Papyrus Deir el-Medineh 37 vor. Eine kurze Nennung des Papyrus erfolgte im Pariser Katalog von 2013 durch Étienne – Pagés-Camagna, 76, die in Fußnote 17 auf die offensichtliche Nicht-Zusammengehörigkeit verwiesen, was bereits ein „simple examen à la binoculaire“ zeigt. Gasse 2016 publizierte eine farbige Abbildung und eine kurze Beschreibung des Papyrus. Außerdem führte sie weiter aus, dass die Nummern N 3233a und b unmöglich ein einziger Papyrus sein können, da es sich zum einen um verschiedene Papyrusqualitäten handelt und zum anderen die „marques de pliures“, d.h. die Faltungen, an unterschiedlichen Stellen sind (Gasse 2016, 168 und 170).

Editionen

- Goyon 1977: J.-C. Goyon, Un phylactère tardif : Le papyrus 3233 A et B du Musée du Louvre, in: Bulletin de l’Institut Francais d’Archéologie Orientale 77, 1977, 45–54, Taf. 15.

Literatur zu den Metadaten

- Étienne – Pagés-Camagna 2013: M. Étienne – S. Pagés-Camagna, Illustrer un papyrus, in: G. Andreu-Lanoë (Hrsg.), L’art du contour. Le dessin dans l’Égypte ancienne (Paris 2013), 74–79, hier 76 mit Anm. 17.

 

- Gasse 2016: A. Gasse, C.43 et C.44. Deux papyrus talismans, in: L. B. Rizzo – A. Gasse – F. Servajean, À l’école des scribes. Les écritures de l’Égypte ancienne (Milano 2016), 168–171, hier: 170–171.

 

- Koenig 1979: Y. Koenig, Un revenant inconvenant ? (Papyrus Deir el-Medineh 37), in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 79, 103–119 und Taf. 38–39, hier: 117.

 

- Lexa 1925: F. Lexa, La Magie dans l’Égypte antique de l’ancien empire jusqu’a l’époque copte, 3 Bände (Paris 1925), Taf. 48.

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Lutz Popko
Autoren (Metadaten)
Dr. Lutz Popko

Übersetzung und Kommentar

Amulett mit vielleicht tlw. kryptographisch lesbarer Vignette

(Anubis & Horus mit dem „prächtigen Kopf des großen Gottes“, Isis, Nephthys, Thot, Phönix, Aker und) der Herr des Lebens, der König von Ober- und Unterägypten. (?)1

1 Koenig, in: BIFAO 79, 1979, 117 wies auf die Vignetten des Amuletts pLeiden I 356 (vgl. die Abbildung bei Leemans, Papyrus égyptiens hiératiques, Taf. 170 und Lexa, Magie III, Taf. 48) hin, in dessen Abschnitt b die Figuren in fast derselben Anordnung erscheinen. Dort sind den Göttern auch die Namen beigeschrieben worden. Diese bestätigen die ohnehin durch die Ikonographie recht eindeutige Identität der ersten fünf Gottheiten als Anubis, Horus, Isis, Nepthys und Thot. Der Gott mit Anedjti-Krone (dort menschenköpfig) trägt die Beischrift Bnw. Dahinter steht auf dem Leidener Amulett ein nach vorn gebeugter und auf einen Stab gestützter menschenköpfiger Mann, dem Ꜣkr beigeschrieben ist. Dies dürfte wohl auch die Identität des löwenköpfigen Gottes auf pLouvre N 3233 A sein. Dem Abydos-Reliquiar, das auf dem Leidener Amulett einem Mumienoberkörper mit Menschenkopf und Anedjti-Krone (oder einer misslungenen Atefkrone?) entspricht, ist eine Legende beigeschrieben, die Koenig, a.a.O. als 𓁶𓏤𓀻𓀼𓋴𓅆𓊹𓉻𓏛 transliteriert, d.h. als „erhabener Kopf (des) großen Gottes“ versteht.
Die Gruppe aus Stier, Skarabäus und Biene ist auf dem Leidener Amulett zwischen die Gruppe Anubis + Abydos-Reliquiar + Horus einerseits und Isis + Nephthys etc. andererseits gerutscht. Außerdem ist die Weiße Krone verschwunden, sofern man nicht die ansonsten unverständlichen Striche hinter der Biene als Entsprechung der Krone interpretieren will (so bspw. die Beschreibung des Amuletts auf https://hdl.handle.net/21.12126/5446 (Zugriff 01.10.2024). Dieses veränderte Arrangement lässt jedenfalls Goyons Vorschlag zur Lesung unsicher erscheinen.
Ein weiterer Unterschied zwischen der Leidener und der Pariser Vignette ist der zusätzliche, zweite Stier, der auf dem Leidener Amulett noch oberhalb von Skarabäus und Biene gezeichnet ist und der wie die anderen Gottesdarstellungen eine, wenn auch unverständliche, Beischrift trägt.
Ob die auf dem Leidener Amulett an Aker anschließende Gruppe ebenfalls noch zu diesem Ensemble gehört und damit die zweite größere Abweichung von der Pariser Vignette darstellt, oder ob sie eher zusammen mit den wiederum daran anschließenden Darstellungen eine Gruppe bildet, bliebe weiteren Untersuchungen vorbehalten. Dass sie jedenfalls aktuell so wirkt, als würde sie tatsächlich zu der auf Aker endenden Gruppe gehören, mag am Arrangement und der Verteilung dieses langen Papyrusstreifens in Leemans' Abbildung liegen. Dieser scheint aber den Streifen zunächst einmal rein pragmatisch in drei gleichlange Abschnitte geteilt zu haben, um ihn optisch ausgewogen auf der Tafel präsentieren zu können.