Ostrakon Deir el-Medineh 1680

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Inventarnummer: oIFAO 2835 oIFAO Sequestre 1129
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Institut Français d'Archéologie Orientale

Inventarnummer: oIFAO 2835

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Das Ostrakon stammt aus den Grabungen des Institut français d’archéologie orientale in Deir el-Medineh unter der Leitung von Bernard Bruyère, die vor 1952 stattgefunden haben (im Januar 1952 wurde die Grabung des IFAO durch die ägyptische Regierung gestoppt und erst 1970 wieder aufgenommen: Černý 1970, VI; Gobeil 2017, 319, 320). Das Ostrakon wurde mit vielen anderen zu Studiumszwecken nach Kairo ins IFAO transportiert, wo es sich heute noch befindet. Infolge der Suezkrise von 1956 wurde das IFAO unter Sequester gestellt. Die Räume mit den Ostraka wurden von den ägyptischen Behörden versiegelt und in den Jahren 1968–1970 durch die ägyptische Altertümerbehörde inventarisiert (Sauneron, in: Černý 1970, vi; Gasse 1990, ix mit Anm. 9). Unser Ostrakon bekam die Sequester-Nummer 1129. Nachdem die Sammlung im Jahr 1970 wieder zugänglich geworden war, fing Georges Posener zu einem unbekannten Zeitpunkt mit einer neuen Inventarisierung der ihn interessierenden literarischen Ostraka an, die er bis Nr. 2780 durchführte. Sie wurde von Annie Gasse fortgesetzt, die diesem Ostrakon die Inventarnummer 2835 gab (Gasse 1990, x).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Über die genauen Fundumstände oder das Funddatum ist nichts bekannt, außer, dass es vor 1952 liegen muss.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die literarischen Ostraka aus Deir el-Medineh datieren zwischen dem Ende der 18. und dem Ende der 20. Dynastie. Falls keine weiteren Informationen vorliegen, datiert Gasse die von ihr edierten Texte pauschal in die 19. und 20. Dynastie (Gasse 1990, x). Paläographisch passt das Ostrakon gut in die Zeit Ramses II. bis Ramses III., wobei für das Zeichen U24 bei Möller eine Parallele im großen Papyrus Harris (Zeit Ramses III.) vorliegt.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Erhalten ist der Anfang eines Textes, der als „Spruch A“ der Horusstelen und Heilstatuen bekannt ist (Gutekunst 1995). Der Ostrakontext ist einer der frühesten Vertreter dieses „Spruchs A“. Thoth wendet sich an Horus, der ihn mithilfe von Zaubersprüchen retten möge, die er (Horus) selbst von seinen (Groß-)Eltern Geb und Nut oder Isis sowie seinem Bruder/Onkel, dem Vorsteher von Letopolis, erfahren oder gelehrt bekommen hat. Der Spruch soll gegen gefährliche Tiere auf dem Land oder im Wasser gesprochen werden (d.h. gegen Löwen, Krokodile, Schlangen), gleichzeitig auch gegen Gift von Schlangen oder Skorpionen. Horus soll sie unschädlich machen, wie Geröll der Wüste oder Topfscherben auf der Straße. Er wird am Anfang angeredet als „Gott, Sohn eines Gottes“ und „Stier, Sohn eines Stieres“ und am Ende „Horus, der Retter“ oder „Horus, der Beschwörer“ genannt.

Material
Künstliche Materialien » Keramik
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Der Text wurde auf eine Keramikscherbe geschrieben, quer zur Achse des ursprünglichen Topfes und nur auf der Außenseite. Der obere Rand sowie wahrscheinlich der rechte Rand der Scherbe bilden die ursprünglichen Ränder der Schreibfläche. Alle Zeilen sind links abgebrochen und wahrscheinlich zur Hälfte verloren. Unten bricht die Scherbe mitten durch die vierte Textzeile ab. Die heutigen Maßen betragen 6,6 cm × 8,4 cm (H × B). Falls ursprünglich der komplette Text des sogenannten Spruchs A der Horusstelen aufgeschrieben worden war, ist mit einer ursprünglichen Größe von geschätzt der dreifachen Höhe und der doppelten Breite zu rechnen (d.h. etwa 19 × 16 cm, H × B).

Schrift
Hieratisch

Gute literarische Handschrift, ohne Rubra oder Verspunkte.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Im erhaltenen Teil des Textes finden sich nur mittelägyptische grammatische Konstruktionen, wie es in den vielen späteren Textkopien des 1. Jahrtausends üblich ist. Der zeitgenössische Papyrus Wien Inv. 3925 Rto mit dem gleichen Text weist ein moderates Neuägyptisch auf, auch schon im hier erhaltenen Teil (Imperative mit j-Augment).

Bearbeitungsgeschichte

In Photo und mit hieroglyphischer Umsetzung des hieratischen Textes durch A. Gasse im Jahr 1990 publiziert, zusammen mit weiteren magischen Ostraka und sonstigen paraliterarischen Texten. Gasse identifizierte den Text richtig als Version des sogenannten Spruchs A der Horusstelen.

Editionen

- Gasse 1990: A. Gasse, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. IV,1. Nos 1676–1774, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 25 (Le Caire 1990), 4 (Nr. 1680).

Literatur zu den Metadaten

- Černý 1970: J. Černý, Catalogue des ostraca hiératiques non littéraires de Deir el-Médinéh, Nos 624–705, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 14 (Le Caire 1970).

- Gobeil 2017: C. Gobeil, L’histoire des fouilles de l’IFAO à Deir el-Medina, in: H. Gaber – L. B. Rizzo – F. Servajean (Hrsg.), À l’œuvre on connaît l’artisan ... de Pharaon! Un siècle de recherches françaises à Deir el-Medina (1917–2017), Cahiers „Égypte Nilotique et Méderranéenne“ 18 (Milano 2017), 315–323.

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Ostrakon Deir el-Medineh 1680

[1] Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes.
Sei gegrüßt, [du Erbe, Sohn eines Erben.]
[Sei gegrüßt, du] [2] Stier, Sohn eines Stieres〈, den die göttliche Kuh geboren hat〉.
Sei gegrüßt, du [Horus, der aus Osiris hervorgegangen ist, den Isis, die] [3] Göttliche/Göttin, [geboren hat].
Rezitiere für mich mit deiner Magie!
Besprich für mich [mit deinen Zaubersprüchen!]
[Beschwöre für mich mit deinen] [4] (Spruch)-Schöpfungen. [Es sind die] Kunst[fertigkeiten deines Mundes, ... ... ...]