Ostrakon Deir el-Medineh 1215
Übersetzung und Kommentar
oDeM 1215
Magischer Spruch gegen eine „schlimme ḫzd-Geschwulst“
rto 1 Ein anderer Spruch, den Thot selbst verfasst hat, um den Feind von Re-Harachte [abzuwehren (o.ä.)], nachdem er sich geschüttelt hat und all seine Glieder unter der schlimmen ḫzd-Geschwulst leiden:1 O Feind, der (du) aus dem Verborgenen komm(s)t, um zu tun, was Re erniedrigt2 (o.ä.): Ich werde rto 5 dich3 (?) von deinem Platz [entfernen (o.ä.)], so wie Wasser auf dem Land verdunstet (?, wörtl.: verbrennt), [wie ---], wie der Nil versiegt im [Hause(?) ---] [---] du sollst essen [---] vso 1 stehen [---] sein Spruch; flute4 nicht (o.ä.) [---] des Thot ist es, der den Schutz ausübt zugunsten von [---]5 (?) Re damit. Sagen / Gesagt [---]
1 Die Interpretation der Syntax der Zeilen 2 und 3 folgt Westendorf, Handbuch Medizin, 294-295 und Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 116.
2 sjf.t: Sofern danach keine Präposition ausgefallen ist – angesichts des anschließenden Gottesnamens ist etwa r denkbar – muss ein Partizip oder ein Substantiv (dann mit dem Gottesnamen als Genitivus obiectivus) vorliegen.
Das Verb ist sehr selten. Es ist bislang mit dem schlechten Vogel, mit dem Phallus, aus dem Flüssigkeit hervorkommt, oder, wie das Wort auf oDeM 1215, mit dem spuckenden Mund klassifiziert belegt. Den Belegen zufolge ist das grammatische Subjekt das Agens der Handlung und das direkte Objekt deren Patiens.
– Am aussagekräftigsten zur Bedeutung ist eine Stelle aus der Großen Abydosstele Ramses’ IV., Cairo JdE 48831, Zeile 16 (KRI VI, 23.10): nn jri̯.n=j šntj r nṯr nn sjf=j nṯr.t: „Ich führte keine Schmähreden gegen einen Gott, ich machte nicht sjf gegen eine Göttin“. Auf DZA 28.577.520 ist das Verb mit „beflecken“ übersetzt; in Wb 4, 37.3 mit „beleidigen o.ä.“. Kitchen (KRITA VI, 25) übersetzt ebenfalls mit „to insult“.
– In pChester Beatty VIII, vso 7,11-12 steht sjf=k parallel zu dr=k: „dich beseitigen“, bḥn=k: „dich zerschneiden“, rwi̯=k: „dich entfernen“, dr rn=k: „deinen Namen beseitigen“ und sḥtm [ẖꜣ.t=k]: „[deinen Leichnam] zerstören“, s. hier.
– Im spätzeitlichen pLouvre 3129 (DZA 28.929.720 = Urk. VI, 117.5-6) = pBM EA 10252 (s. hier, Sätze 323-324) schließlich wird der Satz sjf.n=k ḥm.tj m ḥꜥḏꜣ: „Du hast unrechterweise einen ḥm.tj-Gegner sjf gemacht“ ins Protodemotische übersetzt mit nk=k ꜥḥꜣ.wtj sḥm(.t) ḥwrꜥ: „Du hast den feminisierten Mann widerrechtlicherweise gefickt“. (Angeredet ist ein „Feind“, d.h. höchstwahrscheinlich Seth.)
Für das koptische Derivat ⲥⲱⲱϥ des Substantivs sjf.t kennt das Coptic Dictionary Online die Bedeutungen:
(En) pollution, abomination, (Fr) impureté, saleté, abomination, (De) Beschmutzung, Gräuel, TLA lemma no. C3945 (ⲥⲱⲱϥ), in: Coptic Dictionary Online, ed. by the Koptische/Coptic Electronic Language and Literature International Alliance (KELLIA), https://coptic-dictionary.org/entry.py?tla=C3945.
Das von dem Verb abgeleitete Substantiv ist ebenso selten. Wb 4, 37.4 kennt nur einen Beleg auf der Stele Cairo CG 42213 des Bakenchons (s. hier; im TLA als Verb gedeutet). In diesem Text ist es mit dem schlechten Vogel klassifiziert; und das sjf m mdw: „sjf in der Rede“ wird ṯꜣz stp: „ausgewählter Redeweise“ gegenübergestellt.
3 jw=j r [___]=k: Lesung des letzten Zeichens mit Posener und Interpretation als Suffixpronomen mit Fischer-Elfert. Die Interpretation ist aber unsicher; für ein Suffixpronomen steht das Zeichen eigentlich etwas zu hoch in der Zeile.
4 mḥw: Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 116 schlägt vor: „Bemächtige dich nicht(?) […]“. Die Schreibung von mḥ lässt aber eher an die Wortfamilie mḥi̯: „fluten“ denken.
5 Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 116, Anm. 21 fragt sich, ob am Ende von vso 2 überhaupt ein Wort fehlt oder ob nicht Re das Ziel des Schutzes ist.