Osirisstatuette Louvre E 2762

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Louvre AF 2902 Louvre N 3975
Aufbewahrungsort
Europa » Frankreich » (Städte M-P) » Paris » Musée du Louvre

Inventarnummer: Louvre E 2762

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Laut Website des Louvre hat die Osirisstatuette drei Inventarnummern, wobei E 2762 die wichtigste ist (E = entrée, Nummer der 1849 angefangenen Inventarisierung, heute noch in Gebrauch; N = Napoleon, Nummer der Inventarisierung unter Napoleon III. aus den Jahren 1852–1857; AF = ancien fond, Nummerierung von Objekten ohne oder mit verlorener Inventarnummer). Sie wurde aus der Sammlung von Clot-Bey angekauft und im Jahr 1852 inventarisiert. Antoine Barthélémy Clot (1793–1868) war zwischen 1825 und 1849 und erneut von 1854 bis 1858 viele Jahre (mit einigen kürzeren Unterbrechungen) als Arzt/Chirurg, Organisator des Gesundheitswesens und Gesundheitsinspektor in Ägypten tätig. Er baute eine Sammlung ägyptischer Altertümer auf, die er in den Jahren 1852 und 1853 (nachdem er 1849 beim Khediven in Ungnade gefallen und nach Frankreich zurückgekehrt war) u.a. an das British Museum, den Louvre und das Museum von Marseille verkaufte.

Herkunft
(unbekannt)
Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Spätzeit

Die Datierung beruht auf der Stilistik und kann mangels genaueren Informationen über Fundumstände sowie wegen fehlender personenbezogener textinterner Elemente nur allgemein sein. Étienne 2009, 181 hat das Stück datiert als „Basse Époque, 664-332 av. J.-C., ou époque romaine“. Bei Quack 2018, 48 steht „spätzeitlich“. Auf der Homepage des Louvre wird „Basse Époque (attribution d’après style)“ angegeben.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Auf dem Statuensockel findet sich die Beschriftung auf der Oberseite, den Kanten und der Unterseite. Auf der Sockeloberseite wird die Göttin Isis eingeführt, obwohl eine Statue des Osiris (anonym) im Sockel eingelassen ist. Die Texte auf den Seitenflächen und auf der Unterseite des Sockels kann man als eine Rede der Isis verstehen, welche sie sicherlich zugunsten des Osiris spricht, der auf dem Sockel thront. Die Rede der Isis ist eine Beschwörung gegen den Götterfeind Apophis, der in längerer Form auch auf Horusstelen und einigen magischen Papyri (Schutzrituale) von der späten Ramessidenzeit bis ins späte 4. Jh. v. Chr. überliefert ist. Einmal trägt sie den Titel „Erstes Buch zum Niederwerfen des Apophis“ (Papyrus Bremner-Rhind = Papyrus British Museum EA 10188, Kol. 23.16–17) (s. Quack 2018 mit Textsynopse). Den ganzen Spruch lang wird Apophis als Schlange direkt angesprochen und beschworen. Die aufgerichtete Schlange soll hinunterfallen und sich zurückziehen. Im Text der Statuenversion könnte möglicherweise der Gott Month den Götterfeind fällen.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Vielleicht eine Votivweihung durch einen nicht genannten Privatmann in einem Heiligtum mit einem Osiriskult (Quack 2018, 50; Coulon 2021, 172). Wegen des Beschwörungstextes hält Coulon 2021, 173 es auch für möglich, dass die Statuette in einer Kapelle aufgestellt war, die für die Heilung von Schlangenbissen vorgesehen war.

Material
Nicht Organisch » Stein » Steatit/Speckstein
Objekttyp
Artefakt » Skulptur » Statue / Figur
Technische Daten

Osirisstatuette aus Steatit (Étienne 1999) oder Serpentinstein (Homepage Louvre), die in einem Sockel aus Kalkstein (so laut Homepage Louvre) eingelassen ist. Die Gesamthöhe beträgt 14 cm, die Breite 4,9 cm und die Tiefe 10,5 cm. Osiris ist thronend dargestellt, hält Krummstab und Wedel in den Händen und trägt eine Atefkrone. Im Rücken ist oberhalb des Throns ein schmaler, nach oben hin verjüngender Rückenpfeiler angebracht, der auf der Homepage des Louvre als Obelisk beschrieben wird. Drei Textzeilen sind vorn auf der Oberseite des Sockels, je eine Textzeile auf den vier Seitenkanten und drei Kolumnen auf der Unterseite des Sockels eingraviert. Für die Verwendung von bzw. die Identifizierung der sehr ähnlichen Gesteine Serpentinit und Steatit in Horusstelen siehe Gasse 2004, 16.

Schrift
Hieroglyphen

Eingeschnitten und (zumindest auf der Unterseite) mit einer gelben Paste eingelegt (Quack 2018, 49 Anm. 110). Die Homepage des Louvre spricht von „dorure“ in den eingeschnittenen Zeichen.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die Inschriften sind an mehreren Stellen wahrscheinlich fehlerhaft, was das Textverständnis erschwert, aber es sind keine neuägyptischen Konstruktionen erkennbar.

Bearbeitungsgeschichte

Das Objekt wurde zunächst von M. Étienne 2009 in einem Ausstellungskatalog beschrieben, daraufhin von L. Coulon im Jahr 2013 auf einer Tagung kommentiert (Text erst 2021 gedruckt). Durch Coulon auf die Statuette aufmerksam geworden, publizierte Quack 2018 die Statuette mit Fotos, synoptischer Textedition, Übersetzung und Kommentar.

Editionen

- Quack 2018: J. F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049), Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 58 (Heidelberg 2018), 48–50, 57–58, 101–104, 131–136 (= Abb. 11–16).

Literatur zu den Metadaten

- Coulon 2021: L. Coulon, Objets, textes et contextes. Réflexions sur la reconstruction des rites osiriennes à Karnak, in: J. F. Quack – D. Luft (Hrsg.), Schrift und Material. Praktische Verwendung religiöser Text- und Bildträger als Artefakte im Alten Ägypten, Orientalische Religionen in der Antike 41 (Tübingen 2021), 167–183, hier: 172–173.

- Étienne 2009: M. Étienne, in: M. Étienne (Hrsg.), Les portes du ciel. Visions du monde dans l’Égypte ancienne (Paris 2009), 181, Nr. 158.

- Gasse 2004: A. Gasse, Les stèles d’Horus sur les crocodiles (Paris 2004).

- Thiers 2020: C. Thiers, Apotropaia : repousser Apophis à Ermant, in: Bulletin de l'Institut français d'archéologie orientale 120, 2020, 393–410, hier: 404, Anm. 31; 405, Anm. 39.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen
Autoren
Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack
Mitwirkende
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Spruch gegen Apophis

[1] Worte zu sprechen durch Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Fürstin aller Götter der Unterwelt (?)1.
Möge sie geben Leben, Heil, Gesundheit und eine lange Lebenszeit täglich (?).
Fall auf dein Gesicht, (oh) Apophis!
[5] Weiche zurück, (du) Feind, (du) Rebell, der ohne Arme und ohne Beine ist! Chentienirti (?) hat (sie) abgeschnitten (?).
Auf dein Gesicht, ja du! Fall hin!
...?..., auf dein Gesicht, ja du! Fall hin! Du bist gefällt (?)!
Er hat dich gefällt, (genauer gesagt) sein Auge.
Du bist gefallen [10] wegen des Feuers, das aus seiner (des Auges) Glut und seiner (des Gottes?) 〈〈Glut〉〉 hervorgeht.

1 ḥnw.t nṯr.w nb.w dwꜣ.t: Quack 2018, 50 mit Anm. 112 erwägt die Lesung ḥnw.t nṯr.w nb.w dwꜣ.t: „die Herrscherin aller Götter der Unterwelt“, aber diese Phrase ist nicht in LGG V, 191 verzeichnet, während ḥnw.t nṯr.w nb.w üblich ist.