Horusstele des Petosiris Kairo CG 9406

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 9406

Erwerbsnummer: JE 25900

Erwerbsgeschichte

Die Stele ist seit 1884 im Ägyptischen Museum von Bulaq, wie aus der Inventarnummer JE 25900 hervorgeht (Inventarnummer bei Daressy 1903; zur Nummernvergabe siehe Bothmer 1974, 115).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Daressy 1903, 17 gibt keine Präzisierung zur Herkunftsangabe „Theben“. Im demotischen Text wird der Ortsname (demot.) Prs, (griech.) Persou genannt, der der Name einer Siedlung im Steinbruchgebiet des Wadi Hammamat ist, vielleicht im Wadi Fawachir (Cuvigny 1997, 142143). Vielleicht wurde die Stele in Luxor im Antikenhandel angekauft und stammt aus Koptos oder aus dem Gebiet des Wadi Hammamat.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Griechisch-Römische Zeit » Hellenistische Zeit » Ptolemäerzeit

Daressy 1903, 18 gibt keine Gründe für seine Datierung. Sternberg-el Hotabi 1999, II, 37 übernimmt „Ptolemäisch“ von Daressy mit der Spezifizierung „Mittlere Hochphase“, d.h. ihre objekttypologische Periode 280180 v. Chr., aber sie gibt an, dass eine Kontrolle der Datierung ohne Foto nicht möglich ist. Spiegelberg nennt für die demotische Inschrift „Römische Kaiserzeit(?)“ (mit Fragezeichen!). Quack 2002, 724 Anm. 38 lehnt die Datierung von Spiegelberg als zu spät ab und denkt „mit allem Vorbehalt“ an „30. Dynastie bis frühere Ptolemäerzeit“. Vleeming 2001, 83 nennt beide Datierungsansätze von Daressy und Spiegelberg, aber er entscheidet sich selber nicht. Auch Vittmann gibt „Ptolemäerzeit – Römische Zeit“ als Ganzes an.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die Rückseite enthält den Anfang von Horusstelenspruch A, wahrscheinlich in einer Kurzfassung. Die beiden demotischen Inschriften enthalten eine Widmung an Isis, dass sie Leben, Heil, Gesundheit, ein langes Leben und ein schönes Alter dem Steinmetz des (Ortes) Persu (im Wadi Hammamat), Petosiris, Sohn des Peteharpokrates und (Frau) Senminis, geben möge. Er habe [diese Stele] von Horus-Sched für den Tempel der Isis angefertigt, um jegliches Übel von sich (?) abzuwehren. Laut Quack (2002, 274 Anm. 40) ist „Sched“ mit dem Determinativ des Mannes mit der Hand am Mund geschrieben, was für eine Übersetzung als „Horus, der Beschwörer“ spreche.

Horusstelentext A (16):
Ein von Thoth ausgesprochener Spruch zur „Verehrung“ des Horus, um ihn zu „verklären“. Thoth begrüßt den jugendlichen Horus und bittet ihn, dass er mit seiner Magie und seinen Zaubersprüchen kommen möge, um die gefährlichen Tiere in der Wüste, im Wasser und in den Höhlen abzuwehren und um das Gift im Patienten zu beschwören. Er möge den Patienten wiederbeleben, damit Horus’ Ansehen entstehe und er als Horus-Sched („der Retter“ oder „der Beschwörer“) angerufen werde. Die hiesige Textversion bricht nach der Begrüßung des Horus ab.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Aus der demotischen Weihinschrift geht hervor, dass diese Horusstele für einen Tempel (äg. pr = „Haus“) der Göttin Isis bestimmt war, um alles Unheil (äg. btꜣ) von „ihm“ (wer ist gemeint: der Tempel, Horus-Sched oder Petosiris?) abzuwehren.

Material
Nicht Organisch » Stein » Steatit/Speckstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe 21+x cm; Breite 15,6 cm. Ein Foto ist bislang nicht publiziert, daher beruht die Beschreibung ausschließlich auf Daressy. Horusstele aus „pierre saponnaire grise“ (Daressy 1903, 17), von dem der untere Bereich fehlt. Auf der Vorderseite ist das Horuskind (Daressy: „Harpocrate“) frontal dargestellt, mit Schlangen, Skorpionen, einem Löwen und einer Antilope in den Händen. Die Füße und die Krokodile werden fehlen, denn Daressy nennt sie nicht in seiner Beschreibung. Über dem Kopf des Kindes findet sich eine Besmaske. Die Rückseite hat oben ein Bildregister, darunter sind 6 Zeilen mit hieroglyphischem Text erhalten. Die beiden Schmalseiten sind mit demotischen Inschriften versehen.

Schrift
Demotisch, Hieroglyphen

Die Hieroglyphen sind großformatig: die Textzeilen haben eine Höhe von 2,3 cm.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Demotisch
Bearbeitungsgeschichte

Daressy hat die Horusstele beschrieben und den hieroglyphischen Text mit Bleihieroglyphen abgedruckt. Er liefert auch ein Faksimile der beiden demotischen Inschriften. Spiegelberg 1904 liefert Abklatsche der beiden demotischen Texte, eine Umschrift und eine Übersetzung. Vleeming 2001 hat die demotischen Texte in Transkription und Übersetzung neu bearbeitet, ebenso Vittmann und partiell Quack 2002. Ein Foto ist bislang nicht publiziert.

Editionen

- Daressy 1903: G. Daressy, Textes et dessins magiques, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire. Nos. 9401–9449 (Le Caire 1903), 1718.

- Spiegelberg 1904: W. Spiegelberg, Die demotischen Denkmäler 3060131166. Bd. I. Die demotischen Inschriften, Catalogue général des Antiquités égyptiennes du Musée du Caire (Leipzig 1904), 9192.

- Vleeming 2001: S. Vleeming, Some Coins of Artaxerxes and other Short Texts in the Demotic Script found on Various Objects and Gathered from Many Publications, Studia Demotica 5 (Leuven/Paris/Sterling 2001), 8384 (Nr. 121).

Literatur zu den Metadaten

- Bothmer 1974: B. V. Bothmer, Numbering Systems of the Cairo Museum, in: Textes et langages de l’Égypte pharaonique. Cent cinquante années de recherches 1822-1972. Hommage à Jean-François Champollion (= Bibliothèque d'Étude 64/3) (Le Caire 1974), 111–122.

- Cuvigny 1997: H. Cuvigny, La crépuscule d’un dieu. Le déclin du culte de Pan dans le désert Oriental, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 97, 1997, 139–147.

- Farid 1995: A. Farid, Fünf demotische Stelen aus Berlin, Chicago, Durham, London und Oxford mit zwei demotischen Türinschriften aus Paris und einer Bibliographie der demotischen Inschriften (Berlin 1995), 274 (Nr. 40).

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 68, 81, 340.

- Quack 2002: J. F. Quack, [Review:] H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999) in: Orientalische Literaturzeitung 97, 2002, 713–729, hier: 724.

- Quack 2016: J. F. Quack, Zur Identität der Horusstele Paris Louvre E 16264, in: Göttinger Miszellen 250, 2016, 157–162, hier: 159.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. II: Materialsammlung, 37.

- Vittmann 2014: G. Vittmann, in: TLA (Textbearbeitung von vor Okt. 2014).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Rückseite

Horusstelentext A (1–6) = Metternichstele Spruch 10 = Torso Wien ÄS 40 Spruch 2

[1] Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes. Sei gegrüßt, du Stier, Sohn eines Stieres. Sei gegrüßt, du Erbe, Sohn eines Erben. Sei gegrüßt, du Horus, der aus Osiris hervorgegangen ist, den Isis, die Göttliche/Göttin, geboren hat.
Besprich 〈für〉 mich mit deinem [5] Gesprochenen! Beschwöre mit [deiner] Magie! Sei wirksam mit deinen wirksamen Zaubersprüchen!
Komme zu mir [... ... ...]!