ꜥmꜥꜥ „Kerne/Körner (?)“

ꜥmꜥꜥ wird von bd.t: „Emmer“ und jt: „Gerste“ genannt sowie einmal (in Eb 83) von der Dattel und kann seinerseits zu qꜣw/dq.w: „Mehl“ weiterverarbeitet werden. In einer magischen Anweisung im London Medical Papyrus (= pBM EA 10059), 10,5 = alt 14,5 soll einem Ibis aus Ton ꜥmꜥꜥ in den Schnabel getan werden; bei einer parallelen Herstellungsanweisung für ein Krokodil aus Ton auf pChester Beatty V = pBM EA 10685, Verso 4,5–6 wird das Wort npr: „Getreide(korn)“ verwendet. Schon L. Stern, Glossarium, in: G. Ebers (Hrsg.), Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzeneimittel der alten Ägypter in hieratischer Schrift. Vol. 2 (Leipzig 1875), 1–63, hier 9a denkt an „grana, velut frumenti et nitri“: „Körner, gleichermaßen von Getreide und Natron“ – mit Letzterem bezieht er sich auf Eb 590, wo ꜥmꜥꜥ ḥzmn-dšr 1 steht, was aber mindestens seit H. Joachim, Papyros Ebers. Das älteste Buch über Heilkunde (Berlin 1890), 128 als zwei Drogen unter Ausfall der Maßangabe von ꜥmꜥꜥ interpretiert wird. Tatsächlich würde man einen indirekten Genitiv ꜥmꜥꜥ n(.j) ḥzmn-dšr erwarten, wenn es nur eine Drogenbezeichnung wäre, wie in den anderen Verbindungen von ꜥmꜥꜥ. Das Wort ꜥmꜥm, vielleicht nur eine „jüngere Schreibung für ꜥmꜥꜥ“ (Wb 1, 186.8), wird im Literarischen Brief des Wermai, pMoskau 127 = pPuschkin I, б, 127, Zeile 4,16 in einem Kontext genannt, in dem es die Bedeutung „Saatgut“ haben könnte.

G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), unterscheidet bei ꜥmꜥꜥ zwischen einer Drogenbezeichnung ꜥmꜥꜥ, Var. ꜥmꜥm, in der Verbindung mit Getreide einerseits und einem ꜥmꜥꜥ n(.j) bnr, Kurzform: ꜥmꜥꜥ allein, andererseits. In Ersterem sieht er auf S. 99 eine Bezeichnung für „grains“ (also ganz wie Stern u.a.); für Letzteres schlägt er S. 58 „pulpe de datte (?)“ vor, betont aber, dass diese Übersetzung „loin d’être sûre“ sei. Auf Seite 119 mit Anm. 3 schlägt er ferner vor, in den Drogen ꜥmꜣ und ꜥꜥm zwei weitere Schreibvarianten dieses Wortes zu sehen. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 91–94 führt dagegen ꜥmꜥꜥ in allen drei Verwendungsweisen (in der Verbindung mit Getreide, in Verbindung mit Datteln und alleinstehend) unter einem einzigen Lemma auf und lehnt die von Lefebvre vorgeschlagene Gleichsetzung mit ꜥꜥm und ꜥmꜣ ab. Auch seiner Übersetzung „pulpe de dattes (?)“ für ꜥmꜥꜥ außerhalb von genitivischen Verbindungen steht DrogWb skeptisch gegenüber. Denn (1) die Verbindung ꜥmꜥꜥ n(.j) bnr kommt nur einmal vor und ist daher zu selten, als dass sich ein alleinstehendes ꜥmꜥꜥ auf die Dattel beziehen könnte; und (2) steht unspezifisches ꜥmꜥꜥ einmal in Parallele zu ꜥmꜥꜥ n bd.t. Daher wird ꜥmꜥꜥ ohne spezifische Pflanzenbezeichnung sich eher auf Getreide als auf Datteln beziehen. Auch R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), 257 behandelt ꜥmꜥꜥ als ein einziges Lemma: „Es handelt sich dabei um die Samenkörner der Getreide und die Kerne der Dattel“. Ihr folgt dann W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 496: „Samenkorn bzw. Kern“; in der fortlaufenden Übersetzung des pEbers gibt er es durch „Samenkorn (ꜥmꜥꜥ)“ wieder.

I. Wallert, Die Palmen im Alten Ägypten. Eine Untersuchung ihrer praktischen, symbolischen und religiösen Bedeutung, Münchner Ägyptologische Studien 1 (Berlin 1962), 41–43 erwägt kurz die Möglichkeit, in ꜥmꜥꜥ eine Bezeichnung der männlichen Blüten der Dattel zu sehen, lehnt sie aber gleich wieder ab, weil das Wort eben auch als Teil des Getreides genannt würde. B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen, London 1937), 132 und passim denkt an „bran?“, was allerdings für ꜥmꜥꜥ n(.j) bnj nicht geht. A. Massart, The Leiden Magical Papyrus I 343 + I 345, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden: Supplement to n.r. 34 (Leiden 1954), 64, Anm. 41 überlegt, ob es den Teil des Stiels oder Halms benennen könne, an dem die Getreidekörner bzw. die Dattelfrüchte hängen, beschränkt sich aber im Wortindex S. 123 auf „part of plant (?)“. Letzten Endes zieht sich auch H. von Deines – H. Grapow – W. Westendorf, Übersetzung der medizinischen Texte, Grundriß der Medizin der alten Ägypter IV.1 (Berlin 1958), passim auf eine Wiedergabe durch „ꜥmꜥꜥ-Teil“ zurück, ebenso T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995), passim: „partie-âmââ“, und G. Charpentier, Recueil de matériaux épigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 243: „parties inconnus“.

Dr. Lutz Popko