Papyrus Chester Beatty XV

Metadaten

Schlagwörter
Alternative Namen
Trismegistos 381078
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 10695

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus Chester Beatty XV gehörte zuerst zur Papyrussammlung des amerikanischen Großindustriellen Alfred Chester Beatty (1875–1968), der die Papyri II–XIX im Jahre 1930 dem British Museum in London schenkte (Hall 1930, 46–47), während er den Papyrus Chester Beatty I in der Chester Beatty Library in Dublin unterbrachte.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Die genauen Erwerbsumstände sowie der originale Fundzusammenhang des Papyrus sind ungewiss. G. Posener gibt an, dass die 19 Chester-Beatty-Papyri mit dem Fund von 17 (?) Papyri aus Deir el-Medineh zu vergesellschaften sind, die im Jahre 1928 von B. Bruyère in einem schmalen, trapezförmigen Bereich mit gestampftem Boden zwischen dem Gewölbe einer Grabkapelle und dem Fundament einer Grabpyramide in Deir el-Medineh entdeckt wurden: „Il est permis de dire à présent que la découverte dépassa en importance les papyrus recueillis par le fouilleur le 20 février 1928. (...) On saura plus tard que les papyrus Chester Beatty proviennent de la même trouvaille.“ (Posener, in: Černý 1978, VIII; Plan des Fundorts: Bruyère 1929, Plan 1: unten rechts, zwischen den Schächten P.1165 und P.1169). Darüber hinaus verweist er auf den Eintrag in B. Bruyères Grabungstagebuch vom 21. Februar 1928, in dem es heißt, dass ihm zu Ohren gekommen sei, dass er von drei Arbeitern bestohlen wurde. Der Papyrus Chester Beatty XV ging demnach möglicherweise als Diebesgut in den Antikenhandel, wo er von A. Chester Beatty erworben wurde (Černý 1978, VIII). Zu dem Papyrusfund scheinen, abgesehen von den 19 Chester-Beatty-Papyri und den 17 von J. Černý gemeinsam veröffentlichten Deir-el-Medineh-Papyri (für die wenigsten der 17 Papyri liegen genaue Fundbeschreibungen vor), auch zwei Naunachte-Papyri in Kairo zu gehören, eventuell noch zwei Naunachte-Papyri in Oxford sowie ein Genfer Papyrus (P. Geneva MAH 15274), also insgesamt mindestens 40 Papyri (Pestman 1982, 155–172). Falls dies stimmt, wurden also alle Papyri im oberirdischen Bereich einer Grabanlage gefunden, dessen oder deren Besitzer bei der Grabung nicht bestimmt werden konnte(n). P. W. Pestman ermittelte die aufeinanderfolgenden Eigentümer der Papyri als Ken-her-chepesch-ef den Älteren, seine Frau Naunachte und ihre Söhne aus zweiter Ehe, Amun-nacht und Pa-maa-nacht-ef. Möglicherweise ist einer der Papyri (Papyrus Chester Beatty IX) irgendwann nass geworden, entrollt und nach der Trocknung wieder aufgerollt worden (Gardiner 1935 I, 78). Y. Koenig verweist auf den Brief Papyrus BM EA 10326 (= LRL, Nr. 9), in dem nassgeregnete Papyri inspiziert und später in einem Grab mit oberirdischen Räumen deponiert wurden, und er erkennt Analogien zwischen den dort geschilderten Vorgängen und dem Fundzusammenhang des Fundes von B. Bruyère von 1928 (Koenig 1981, 41–43).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die Datierung beruht auf paläographischen Kriterien. Gardiner 1935 I, 125 schreibt: „The writing is Ramesside, but not to be dated with greater precision.“

Textsorte
Rezept(e)
Inhalt

Ein Spruch gegen einen Totengeist, zwei Rezepte gegen Durst sowie Fragmente mit Rezepten und Sprüchen.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Das Papyruskonvolut, zu welchem auch der Papyrus Chester Beatty XV zählt, gehörte zum Familienbesitz einer thebanischen Familie. Während der ursprüngliche Besitzer unidentifiziert bleibt, ist bekannt, dass es zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt an den Schreiber Ken-her-chepesch-ef übergegangen ist. Durch seine Frau Naunachte wurde das Korpus schließlich an die Kinder aus zweiter Ehe weitervererbt. Zunächst ging der Papyrus in den Besitz des Amun-nacht und dann über weitere unbekannte Hände, bis er schließlich zusammen mit den anderen Stücken im oberirdischen Bereich einer Grabanlage deponiert wurde (Pestman 1982, 160–172; siehe auch Koenig 1981, 41–43).
Das Papyrusarchiv hat mindestens 40 Papyri umfasst, die heute in verschiedenen europäischen Sammlungen untergebracht sind (Pestman 1982, 155), und die folgende Textarten enthalten: private Urkunden und Verwaltungstexte (u.a. Briefe, Memoranda), (Schul-)Übungen, „semi-literarische“ Texte (medizinische, magisch-medizinische, mantische) und „rein“ literarische Texte. P. W. Pestman nennt die semi-literarischen Texte, zu denen Papyrus Chester Beatty XV gehört, „something like practical handbooks for daily use“ (Pestman 1982, 165).

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Das Hauptfragment ist ca. 24 cm lang und ca. 21 cm hoch (gemessen anhand des Maßstabes bei der Website des British Museum). Abgesehen von diesem Fragment gibt es noch 38 Fragmente unterschiedlichen Ausmaßes in zwei weiteren Glasrahmen, von denen nur der Rahmen mit den 12 größeren von Gardiner publiziert wurde. Der Glasrahmen mit den 26 kleineren Fragmenten war „too small to be of interest“ (Gardiner 1935 I, 125).
Während Gardiner 1935 I, 125 schreibt, dass die Rückseite unbeschriftet sei, zeigt das Verso von Fragment A einen hieratischen Horusfalken, der gegenüber dem Recto-Text auf dem Kopf steht (Website British Museum). Auch zwei der kleineren Fragmente zeigen Zeichenreste (s. Website British Museum). Wenn man auch diese gegenüber dem Recto um 180° dreht, könnten die beiden Reste auf dem einen Fragment vielleicht der untere Teil eines Horusauges sein, so dass es in die Nähe von Fragment A gerückt werden könnte. Aber es ist zu wenig erhalten, um dies mit Sicherheit sagen zu können.

Schrift
Hieratisch

Die Leserichtung verläuft von rechts nach links. Die Verwendung von Rubra ist zu beobachten.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Im Rahmen seiner Untersuchung zu den hieratischen Papyri des British Museum legte A. H. Gardiner im Jahre 1935 eine Erstbearbeitung des Hauptfragments und der 12 größeren Fragmente vor, wobei er diese hauptsächlich im Foto und hieroglyphischer Transkription publiziert. Für das Hauptfragment, also die hier als x+1 gezählte Kolumne, legt er auch eine Übersetzung vor. Die beiden Rezepte von x+1,5–9 sind auch bei von Deines – Grapow – Westendorf 1958, 170 und darauf basierend von Bardinet 1995, 478–479 und Westendorf 1999, 71 übersetzt. Die 26 kleineren Fragmente sind unpubliziert.

Editionen

- Bardinet 1995: T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique. Traduction intégrale et commentaire (Paris 1995), 478–479.

- von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I: H. von Deines – H. Grapow – W. Westendorf, Grundriß der Medizin der alten Ägypter. IV,1. Übersetzung der medizinischen Texte (Berlin 1958), 170.

- Gardiner 1935 I: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. I. Text (London 1935), 125–126.

- Gardiner 1935 II: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. II. Plates (London 1935), Taf. 70–70A.

- Grapow 1958: H. Grapow, Grundriß der Medizin der Alten Ägypter. V. Die medizinischen Texte in hieroglyphischer Umschrift autographiert (Berlin 1958), 297–298.

- Westendorf 1999: W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 71.

Literatur zu den Metadaten

- Bruyère 1929: B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el-Médineh (1928), Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 6,2 (Le Caire 1929).

- Černý 1978: J. Černý, Papyrus hiératiques de Deir el-Médineh. I. Nos I–XVII, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 8 (Le Caire 1978).

- Koenig 1981: Y. Koenig, Notes sur la découverte des papyrus Chester Beatty, in: Bulletin de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale 81, 1981, 41–43.

- Pestman 1982: P. W. Pestman, Who Were the Owners, in the „Community of Workmen“, of the Chester Beatty Papyri, in: R. J. Demarée – J. J. Janssen (Hrsg.), Gleanings from Deir el-Medîna, Egyptologische Uitgaven 1 (Leiden 1982), 155–172.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Lutz Popko

Übersetzung und Kommentar

Sprüche und Rezepte

[---]1

1 Von der ersten Seite sind nur drei Zeichen(reste) des letzten Wortes erhalten. Gardiner 1935 II transkribierte die letzten beiden als Sonnenscheibe (mit Fragezeichen) und senkrechten Strich, für den waagerechten Strich darüber bot er keine Transkription an. Da die nächste Seite mit einem neuen magischen Spruch beginnt, muss hier ein Textabschnitt enden, und die Sonnenscheibe und der senkrechte Strich evozieren zunächst ein Rezeptende: [zwr] r hrw 1: „Werde über einen Tag hinweg getrunken“, vgl. die letzte Zeile der folgenden Seite. Im Vergleich dazu ist der senkrechte Strich nach der Sonnenscheibe aber nicht lang genug, um der hieratische Einerstrich zu sein, und der waagerechte Strich ist zu schmal, als dass er der Rest eines r sein könnte. Vgl. etwa die Schreibung von hrw in Zeile x+2,4 oder von r hw 4 in x+2,9.

Spruch 1

[Rto. x+1,1]1 Spruch zum Verhindern, dass ein Toter zu einem Mann kommt:2
„O Fein[d, Jener, Toter], Tote – usw. (?):3 Bist du gekommen, um mir zu sagen, was [du (?)] vorbereitet hast (oder: welche Falle [du (?)] aufgestellt hast) [---]?“
[---] Urin vom Stier (oder) von einem Ziegenbock, der Gott Hemen (?)4, das Auge zerbrechen (???)5 [---], der Gerichtete (d.h. Seth); das Horusauge, das verfault (?) [---]6
[---] die unter Seth befindlichen [---], die (?) ein zweites Mal aufgebrochen werden (?)7.8
Unwahr! Der Kopf der Isis ist [---]9?
Übel gegen dich, (o) Feind, Jener, Toter, Tote, [usw.]!10
[---] doch (?, o.ä.) [---] gegen NN, den NN geboren hat.11
(Diese) Worte sind zu sprechen über einer Sonnenscheibe (wörtl.: Scheibe des Tages), einem Horusfalken [und ---], die gezeichnet sind [auf ---].
[Rto. x+1,5] Werde einem Mann an seinen Hals gegeben.12
Dieser [Spruch] werde 7 Mal13 vor Re (d.h. unter freiem Himmel) [---] gesprochen.

1 Vor der Zeile befindet sich im Interkolumnium ein schwarzer Punkt. Er steht zu isoliert und ist zu auffällig, als dass er der übriggebliebene Rest eines früheren Textes gewesen sein könnte; und er scheint auch kein einfacher Tintenklecks zu sein, zumal er schwarz ist, die Zeile aber rot anfängt. Ein weiterer, dieses Mal roter, Punkt befindet sich im Interkolumnium vor Zeile 6. Aufgrund des zerstörten Zustandes lässt sich über die Funktion dieser Punkte nichts aussagen. Ob damit der Beginn eines neuen Spruches/Rezeptes markiert wurde? Im zweiten Fall fängt das medizinische Rezept zwar schon in Zeile 5 an, aber zumindest wäre Zeile 6 die erste Zeile, die komplett zu diesem neuen Rezept gehört, was die Markierung gerade dieser Zeile erklären könnte. Andererseits würde man, sollte diese Erklärung zutreffen, auch einen Punkt vor der letzten Zeile dieser Kolumne erwarten, denn in der vorletzten Zeile beginnt ein weiteres Rezept und die letzte Zeile wäre damit die erste, die komplett zu diesem Rezept gehört. Vor der letzten Zeile ist jedoch kein Punkt erkennbar. Allerdings wäre es auch denkbar, dass ein solcher Punkt nicht erst in der letzten, sondern schon in der vorletzten Zeile gestanden haben könnte, und dort ist der Papyrus auf der Höhe, wo ein solcher Punkt stehen würde, nicht erhalten.
Schwarze und rote Punkte am Zeilenbeginn kommen auch in ramessidischen Verwaltungstexten vor, besonders im Papyrus Wilbour aus der Mitte der 20. Dynastie; auch dort ist die Funktion nicht ganz klar. Vgl. dazu A. H. Gardiner, The Wilbour Papyrus II (London 1948), 184.
2 jwi̯ r: „kommen zu“ ist nach A. de Buck, Some new interpretations in Sinuhe, in: S. R. K. Glanville (Hrsg.), Studies presented to F. Ll. Griffith (London 1932), 57–60, hier: 57–58 eine idiomatische Phrase mit der Bedeutung „kommen, um zu holen“. Diese Bedeutung setzte Gardiner 1935 I, 125, Anm. 1 auch hier an; ihm zufolge bedeutet das aber nicht, dass der Tod hier personifiziert sei, denn wenig später im Text wird deutlich, dass ein Totengeist o.ä. verantwortlich gemacht wird (S. 125). Durch den Hinweis auf die Bedeutung „kommen, um zu holen“ und die Übersetzung von mwt mit „death“ suggeriert er, dass dieser Spruch jemandem vor dem Sterben beschützen soll. Ob dies wirklich gemeint ist, ist jedoch unsicher. Das Wort mwt ist hier jedenfalls nicht anders geschrieben als in den nachfolgenden Formeln, so dass auch hier vielleicht eher „der Tote“, also ein Totengeist, gemeint ist, und der Spruch nur dazu gedacht ist, nicht von einem Totengeist, also einem Unheil- und Krankheitsbringer, heimgesucht zu werden.
3 Ergänzungen mit Gardiner 1935 II. Für die Interpretation von Fisch und Vogel als enigmatische Schreibung für ḥmw.t-rʾ, phonetisch abzuleiten vielleicht von ḥꜣm: „fangen“ und der -Gans, s. Gardiner 1935 II, Taf. 70, Anm. 1.b. Die Schreibung mit Fisch und Vogel ist seit dem Neuen Reich bis in die Ptolemäerzeit belegt, s. J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 55, Anm. 51.
4 ḥmn: Gardiner 1935 I, 125, Anm. 4 vermutet hierin eine ungewöhnliche Schreibung für den Gottesnamen Hemen. Wie er syntaktisch zum Vorangegangenen und zum Folgenden steht, ist nicht klar. Ein direkter Genitiv: „Ziegenbock des (Gottes) Hemen“ wäre zwar die syntaktisch einfachste Erklärung, doch wäre sie semantisch unbefriedigend. Ein „Ziegenbock von Gott NN“ wäre ein Tier aus der Herde dieses Gottes oder ein für diesen Gott bestimmtes (Opfer-)Tier, das kaum in einem Rezept – und dieser Teil des Spruches klingt wie ein Beirezept – Anwendung gefunden haben dürfte. Ob man vielleicht alternativ an das Adjektiv (?) ḥmn denken könnte, das einmal im pd’Orbiney, 1,10 erscheint? Der Klassifikator von pChester Beatty XV könnte vielleicht auf missverstandene senkrechte Pluralstriche zurückgehen. Allerdings ist die Bedeutung dieses Adjektivs zu unsicher, als dass darauf aufgebaut werden könnte.
5 sḏ.t jr.t: Lesung mit Gardiner 1935 II. Man ist versucht, dies als Epitheton an den Gottesnamen Hemen anzuschließen, aber das t von sḏ.t spricht dagegen: Zwar ist das Zeichen rechts unter der Hand teilweise zerstört, doch ist seine Form zu elaboriert, um ein Füllpunkt oder die doppelte diagonale Linie zu sein. Es kommt nur eine Erklärung als t infrage. Sollte es als Partizip von wzš.t: „Urin“ abhängig sein?
Auch der Anschluss von jr.t ist unsicher, denn das Auge ist eigentlich nichts, was sḏ-zerbrechen kann. Könnte ein aufgeplatztes oder ausgeschlagenes Auge gemeint sein?
6 Die Syntax ist völlig unklar.
7 wbꜣ ist mit Hacke und schlagendem Arm klassifiziert, nicht, wie üblich, mit der Buchrolle. Ob dies auf eine besonders destruktive Nuance an dieser Stelle hindeuten soll? wbꜣ kann zwar intransitiv verwendet werden, aber häufiger ist eine transitive Verwendungsweise; sollte man diese hier ansetzen, müsste das Verb passiv sein, denn ein direktes Objekt müsste noch vor der durch m eingeleiteten Adverbiale stehen. Der hier vorgeschlagene Anschluss ist nur ein Vorschlag.
Oder sollte eine extreme Kurzschreibung für wbꜣ mr vorliegen: „öffnen, was gebunden ist“? Dies würde den Sinn der Stelle aber nicht erhellen. Für eine Kurzschreibung von wbꜣ ohne Klassifikator s. immerhin den Schreibungszettel DZA 22.240.490. mr: „binden“ wird allerdings nicht derart kurz geschrieben.
8 Sinn unklar.
9 jm[_]: Gardiner 1935 II transkribiert jr. Das würde aber aus dem „Kopf der Isis“ ein Satzfragment machen, und das Zeichen nach dem Schilfblatt sieht den anderen rs des Textes nicht sehr ähnlich, sondern erinnert eher an den Rippenbogen mit der Lesung m. Von der Position im Satz her ist nach dp n Ꜣs.t ein Verb oder eine Präposition zu erwarten, so dass der Status pronominalis der Präposition m naheliegend wäre. Doch ist dieser im Hieratischen tendenziell eher mit der Eule als dem Rippenbogen geschrieben. Ob es das Verb jm: „wehklagen“ ist: „Der Kopf der Isis wehklagt“? Dies ist allerdings wiederum inhaltlich unbefriedigend: Warum sollte der Kopf wehklagen und nicht Isis selbst? Die Berliner Wortliste kennt noch ein Verb jmti̯: „formen, bestimmen, erschaffen (???)“. Ist vielleicht zu übersetzen: „Der Kopf der Isis ist geformt [...]“? Wird damit vielleicht auf die Episode aus dem Streit zwischen Horus und Seth angespielt, in dem Horus den Kopf seiner Mutter Isis abschneidet, weil sie zunächst Seth harpuniert, dann aber von ihm ablässt? Vgl. dazu pChester Beatty I, Rto. 9,9–10 für das Moment des Köpfens und dazu die erweiterte Fassung der Episode im Tagewählkalender pSallier IV, Rto. 3,5, in der Thot den Kopf auch wieder befestigt (smn). Allerdings ist das Verb jmti̯ äußerst selten und bislang auf Texte aus der Zeit Sesostris’ I. beschränkt, so dass es verwunderlich wäre, es hier vorzufinden.
10 Ergänzung mit Gardiner 1935 II nach Zeile 1.
11 Gardiner 1935 I, 125, Anm. 5 überlegt, ob man zu „‚[if thy coming be] against N, born of M’ or something of that kind“ ergänzen könnte. Jede Ergänzung müsste das js am Anfang von Zeile 4 berücksichtigen, das, wenn danach wirklich die Präposition r steht, keine Klassifikatoren hätte und daher eigentlich fast nur die Partikel sein könnte.
12 D.h. als Amulett.
13 zp 7: Auch Gardiner 1935 I, 125 versteht das als „seven times“, gibt aber in Anm. 6 an, dass das teilweise zerstörte, runde Zeichen vielleicht eher die Sonnenscheibe als die Tenne sein könnte. So auch seine Transkription in Gardiner 1935 II, Taf. 70. Von dem Zeichen ist aber nicht genug erhalten, um dies mit Sicherheit zu sagen, so dass zunächst von der näherliegenden Tenne auszugehen ist.

Rezept 1

Heilmittel zum Beseitigen von Durst (?)1 im Mund von [---]2 der/das (?)3 dem Vorlesepriester Zugehörige:
Blätter der Dornakazie: 1, Blätter des ꜥr.w-Baumes:4 1, Fell vom Leopard/Gepard:5 [1], Konyza (?): [1], [---], Sellerie: 1, mjmj-Getreide: 1, „Leidabwender“-Droge: 1, das Innere einer Süßwassermuschel: [1], [Sam]en/[Frücht]e6 [---], Milch [---] Eselsmilch: 1.
Werde zu [einer] Masse gemacht. Werde von dem (kranken) Mann getrunken.

1 jbb: Bezüglich der Schreibung mit doppeltem b verweist Gardiner auf pChester Beatty IX, Vso. B 18,2 (s. Gardiner 1935 II, Taf. 61). Die Zeichenreste an der Abbruchkante des Papyrus ergänzt er auf Taf. 70 zu einem Wachtelküken, und tatsächlich würden die Zeichenspuren in pChester Beatty XV eher dazu passen als zu dem Böckchen, das in pChester Beatty IX direkt darauf folgt. In der Lücke danach können dann eigentlich nur noch die Klassifikatoren von jbb.w gestanden haben, so auch indirekt Gardiner 1935 I, der „thirst in the mouth of“ übersetzt und daher davon ausgeht, dass jbb.w und m rʾ direkt aneinander anschließen. Anders Grapow 1958, 297, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 170 und Westendorf 1999, 71, die zwischen „Durst“ und „im Munde“ eine Lücke angeben.
2 Zu dem roten Punkt im Interkolumnium vor Zeile x+1,6 s. den Kommentar zu Zeile x+1,1.
3 jr.j: Gardiner 1935 I denkt an den „companion“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 vermuten eher die „Obliegenheit“. Die Entscheidung wäre also, ob man jr.j als Personenbezeichnung („der Zugehörige zu“) oder als Abstraktum („das Zugehörige zu“) auffasst.
4 ḏrḏ n ꜥrw 1: Interessanterweise scheint der Querstrich des Klassifikators von ꜥrw über dem Einerstrich zu verlaufen, so dass dieser zuerst geschrieben worden sein muss. Dafür, dass ꜥrw oder sogar ḏrḏ n ꜥrw eine Korrektur ist, gibt es aber sonst keinen Hinweis.
5 jnm n ꜣby: Die Bezeichnung ꜣby wird oft ungenau übersetzt, so auch hier: Gardiner 1935 I, 125 übersetzt mit „Leopard“ und Wb 1, 7, auf dem von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 170, Westendorf 1999, 71 und Bardinet 1995, 479 basieren, mit „Panther“. Die ägyptische Bezeichnung ꜣby bezeichnet aber sowohl den Leoparden als auch den Geparden, die die Ägypter taxonomisch zur selben Kategorie zählten, s. E. Castel, Panthers, leopards and cheetahs. Notes on identification, in: Trabajos de Egiptología. Papers on Ancient Egypt 1, 2002, 17–28, hier: , 17–28 (zur ägyptischen Terminologie: 25–26) und P. Vernus – J. Yoyotte, Bestiaire des pharaons (Paris 2005), 144 und 178–179. Erst auf der nächstunteren taxonomischen Ebene unterschied das Ägyptische zwischen dem ꜣby-šmꜥ (eher so als ꜣby-rsj, wie Vernus schreibt), dem „oberägyptischen ꜣby“ = dem Leoparden einerseits, und dem ꜣby-mḥ.wj, dem „unterägyptischen ꜣby“ = dem Geparden andererseits (s. auch schon Wb 1, 7.12–14). Die Wb-Übersetzung von ꜣby ohne Attribut als „Panther“ ist daher falsch, da (a) der „Panther“ biologisch gesehen nur ein schwarzer Leopard ist, und (b) eine Interpretation der Wb-Übersetzung als ungenaue Wiedergabe der Unterfamilie Pantherinae den Geparden ausschließt.
Die Verwendung von Haut oder Fell eines Leoparden/Geparden als Droge ist bislang einmalig, darüber hinaus ist die Verwendung tierischer Haut in ägyptischen Rezepten generell sehr selten, und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 39 nennt abgesehen von der hiesigen Stelle nur noch das Rezept Eb 443, wo die Haut eines Nilpferds Anwendung findet. Wohl aufgrund der Seltenheit erwägt Westendorf 1999, 71 in seiner Übersetzung von pChester Beatty XV, dass hier eine Pflanze gemeint sein könnte.
6 jm.j n wḏꜥ(.yt) [pr].t: Nach wḏꜥ(.yt) bricht der Papyrus ab; das Wortende von pr.t steht auf einem neuen Fragment, das an dieser Stelle zwischen die anderen Fragmente geschoben wurde. Im Glasrahmen ist ein Hinweisschild angebracht, dass die Länge der Lücke zwischen diesen Fragmenten, und damit die Länge der Lücke zwischen wḏꜥ(.yt) und dem Wortende von [pr].t, unsicher sei (das Schild ist in Gardiner 1935 II, Taf. 70A abgeschnitten, aber am unteren Rand des Fotos ist noch schwach der Pfeil dieses Schildes zu erkennen). Es ist also unklar, ob [pr].t direkt an wḏꜥ(.yt) anschließt. Andererseits: Wenn das Fragment zumindest ungefähr an diese Stelle der Kolumne gehört, dann würde eine Verschiebung nach links oder rechts kaum etwas an der Textmenge ändern, die man ergänzen könnte, sondern allenfalls an der Schreibung der einzelnen Wörter.

Rezept 2

Ein anderes (Heilmittel):
sw.t-Emmer: [1], das Innere der S[üßwassermuschel: 1]1 [---], Muttermilch: 1, Blätter des ꜥr.w-Baumes: 1, šꜣšꜣ-Früchte: 1.2
Werde gekocht; [werde ausgepresst (?)].3
Werde getrunken über 4 (?)4 Tage hinweg.
[---] [Rto. x+2,1] [---]5

1 sw.t [1] jm.j n w[ḏꜥ(.yt)]: Nach den Phonogrammen von sw.t bricht der Papyrus ab; das Wort jm.j steht auf einem neuen Fragment, das an dieser Stelle zwischen die anderen Fragmente geschoben wurde. Im Glasrahmen ist ein Hinweisschild angebracht, laut dem die Länge der Lücke zwischen diesen Fragmenten, und damit die Länge der Lücke zwischen sw.t und jm.j, unsicher ist (das Schild ist in Gardiner 1935 II, Taf. 70A abgeschnitten, aber am unteren Rand des Fotos ist noch schwach der Pfeil dieses Schildes zu erkennen). Es ist also unsicher, ob jm.j direkt anschließt. Andererseits: Wenn das Fragment ungefähr an diese Stelle der Kolumne gehört, dann würde eine Verschiebung nach links oder rechts kaum etwas an der Textmenge ändern, die man ergänzen könnte, sondern allenfalls an der Schreibung der einzelnen Wörter.
2 Ergänzungen mit Gardiner 1935 II, Taf. 70. Die Ergänzung der Zeichenspuren nach ḏrḏ n zu ꜥrw ist nicht ganz sicher, vgl. ebd., Anm. b.
3 psi̯ ist mit der Feuerpfanne und damit logographisch geschrieben. Danach bricht der Papyrus ab; das folgende [s]wrj steht auf einem neuen Fragment, das an dieser Stelle zwischen die anderen Fragmente geschoben wurde. Im Glasrahmen ist ein Hinweisschild angebracht, laut dem die Länge der Lücke zwischen diesen Fragmenten, und damit die Länge der Lücke zwischen psi̯ und swrj, unsicher ist (das Schild ist in Gardiner 1935 II, Taf. 70A abgeschnitten, aber am unteren Rand des Fotos ist noch schwach der Pfeil dieses Schildes zu erkennen). Direkt anschließen kann das Fragment jedoch nicht, denn es muss in den Zeilen 7 und 8 mindestens eine Lücke für die Wortenden von wḏꜥ(.yt) und sw.t sowie den anschließend zu erwartenden Einerstrich bleiben. Damit bliebe in der Lücke von Zeile 9 etwas mehr Platz, als die linke Hälfte der Feuerpfanne und das zu ergänzende s von [s]wrj benötigen, so dass noch etwas anderes ergänzt werden kann. Sofern die Fragmente zumindest ungefähr richtig angeordnet sind, reicht der Platz aber nur für ein kurzes, wohl ebenfalls logographisch geschriebenes Wort, und phraseologisch ist unter diesen Voraussetzungen ꜥtḫ: „auspressen“ am wahrscheinlichsten.
4 Vor der Abbruchkante sind zwei senkrechte Striche erhalten und ein winziger schwarzer Zeichenrest. Alle Übersetzer lesen „4 Tage“, haben also offenbar beide Striche als Zahl gelesen und nicht etwa den ersten Strich als Logogrammstrich von hrw (s. explizit die Einordnung der Stelle in die Rubrik von hrw mit Sonnenscheibe ohne zusätzlichen Ideogrammstrich in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) 2, 568), und die sich so ergebende Zahl 2 unter Zuhilfenahme des winzigen schwarzen Zeichenrests dahinter zu einer 4 ergänzt, da die Angabe von zwei oder drei Tagen relativ selten ist (vgl. ebd., 569).
5 Ob eines der weiteren Fragmente zur nächsten Kolumne gehört, lässt sich nicht feststellen.

Fragmente

[Zählung der Fragmente nach Gardiner 1935 II, Taf. 70A.]

Fragment A

[x+1] [---]
[---] auf die Erde [spu]cken [---]1

1 Ergänzung nach Gardiner 1935 II, Taf. 70. Zwei der Zeichenreste nach tꜣ könnten zu einem t gehören.

Fragment B

[1,1] [---] ihn zu dem mit großem Ansehen [---] dem mit 4 Köpfen auf [einem] Ha[ls] [---] diesem Krieger (?) [---]
[---] [2,1] [ausscheiden?]1 [---]
[---] ??? [----] Auge [---]

1 Es ist nur das allererste Zeichen der Zeile 2,1 erhalten. Dieses stellt wohl einen breitbeinig dastehenden Menschen dar und könnte damit eine Variante des Zeichens A 81 = Möller Nr. 9 (G. Möller, Hieratische Paläographie. Die ägyptische Buchschrift in ihrer Entwicklung von der fünften Dynastie bis zur römischen Kaiserzeit, 3 Bd. (Osnabrück 1965 (= 1927))) ohne Urinstrahl sein. Dieses Zeichen Möller Nr. 9 wiederum ist in den medizinischen Texten ein relativ charakteristischer Klassifikator des Verbs fgn, so dass man erwägen könnte, dieses auch hier zu rekonstruieren.

Fragment C+D1

[1–2] [---]
[---] in/mit/... ...(?)2 [---]
[---] [5] deine (göttliche) Mutter3 der [---]4
[---] dieser [---], diese [---] sein [---]
[---] [in(?)] seinem Namen als Ga[__] [---] er vertreibt / ihn vertreiben für(?) [---]
[---] [Toter, Tote, Feind], Feindin, (jeder,) der im Zahn von NN, [den NN geboren hat], ist, (oder) im Eckzahn [---]
[---] werde eingenommen (?)5.
Werde (?) veranlasst, dass sie [ebenfalls(?)] ausgeführt werden (???) [am Tage(?)]; und reinigen (?) [--- --- ---]6

1 Zusammenfügung der beiden Fragmente mit Gardiner 1935 II, Taf. 70. Er zählt nur die vorhandenen Zeilen; daher trägt die drittletzte Zeile bei ihm die Nummer 5. Erhalten sind insgesamt Reste von sieben Zeilen, unter denen der untere Seitenrand zu erkennen ist. Falls alle Kolumnen dieselbe Anzahl von Zeilen, nämlich 9, gehabt haben, dann würden die Fragmente C+D die Zeilen 3–9 enthalten und Gardiners Zeile 5 wäre eigentlich Zeile 7.
2 nẖꜥ: Das Wort ist mit dem Finger und dem schlagenden Mann klassifiziert, und da es einem m folgt, muss es ein Nomen oder ein nominal gebrauchtes Verb sein. Gardiner 1935 II, Taf. 70, Anm. C.2.a vergleicht es mit ꜣẖꜥ, „kratzen“ (Wb 1, 19.6–11), womit er den gelegentlichen Wechsel von und n im Sinn hat. Auf oCairo CG 25218 + oDeM 1266, dem Liebeslied Herrmann Nr. 20, steht in Zeile 17 ein Substantiv nẖꜥ, das mit einem Huf (?) klassifiziert wurde, und das G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. Tome II. Nos 1109-1266, Documents de fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale 18 (Le Caire 1951–1972), Taf. 77, Anm. d mit dem hiesigen nẖꜥ verglich, ohne aber für eines oder beide eine Übersetzung anzubieten.
3 mw.t: Mit dem Falken auf Standarte klassifiziert und damit ein Gottesepitheton.
4 ḫꜣ[___]: Der Schmutzgeier ist etwas kleiner und reicht nicht bis zur Schreiblinie, unter ihm ist an der Abbruchkante des Papyrus noch ein winziger Rest eines Abstriches des Zeichens zu erkennen, das unter dem Schmutzgeier stand. Der Strich geht nach oben weg und kann daher nicht zu einem Arm (*ḫꜣ[ꜥ]), oder einem n gehören. Ob es der Fuß eines b ist? Allerdings lässt sich kein Wort ḫꜣb[_] oder ḫb[_] finden, das sich sinnvoll als Nomen rectum von mw.t=k: „deine Mutter“ erklären lässt. Ob auch mw.t=k selbst Nomen rectum eines heute zerstörten Wortes und damit parallel zu n.t ḫꜣ[__] steht: „[NN] deine[r] Mutter (und) von ...“? Vgl. zu dieser Konstruktion W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 100, Schema 5. Könnte ḫꜣbꜣs, das „Sternenmeer“, ergänzt werden?
5 Nur noch der Mann mit Hand am Mund ist erhalten.
6 Ergänzungen mit Gardiner 1935 II, Taf. 70. Die passive Auffassung von rḏi̯ und jri̯.y ist ganz unsicher; im Fall von jri̯.y kommt bei der gewählten Ergänzung aber nur eine passive Übersetzung in Frage. Ob das letzte Wort tatsächlich das Verb jꜥi̯: „waschen“ ist, und wie dieses inhaltlich an die vorherige Phrase anzuschließen ist, ist aufgrund der Lücken unsicher. In der Ramessidenzeit sind Schreibungen mit doppeltem Schilfblatt belegt; vgl. aber dagegen Fragment E, Zeile 1, wo es mit nur einem Schilfblatt geschrieben ist. Ob eine ungewöhnliche Schreibung von jꜥ.w-rʾ: „Frühstück" vorliegt?

Fragment E

[1] [---].
NN, [den NN geboren hat] reinigen [---]1
[---] [___]-Material (?)2, bleibend, [---]
[---] [Flei]sch von NN, den NN geboren hat, [---]
„Komm!“, sagt man.3
[---]4
[5] [---] aber beseitigen/entfernen [----]5
[---] Mutter (?)6, Isis, die Gött[in] [---]

1 Ergänzung nach Zeile E, 3, s. Gardiner 1935 II, Taf. 70, Anm. a.
2 Die erste vollständig erhaltene Hieroglyphe ist das Goldzeichen; die Zeichenreste davor könnten mit Gardiner 1935 II als Rest einer w-Schleife interpretiert werden. Das Substantiv nbw: „Gold“ kommt nicht infrage, weil dort das Goldzeichen Logogramm wäre und nicht Klassifikator, und damit mindestens von anderen Klassifikatoren, wie den Mineralienkörnern, gefolgt worden wäre. Die Zahl der Wörter, in denen das Goldzeichen selbst Klassifikator ist, ist beschränkt. Am nächstliegenden wäre ḥḏ(w): „Silber“. Dagegen spricht jedoch die feminine Form mn.tj, es sei denn, das mit dem Goldzeichen geschriebene Wort ist Nomen rectum einer Genitivfügung oder ein anderweitig abhängiges Nomen einer Phrase, deren Beginn heute zerstört ist, und mn.tj bezieht sich auf den Kopf der Phrase. In dem Fall würde das Genus von mn.tj keine Aussage über das Genus des davorstehenden Wortes liefern. Dies ist jedoch zu spekulativ, um darauf eine Ergänzung aufzubauen.
3 Aufgrund der Zerstörungen ist unsicher, ob diese Konstruktion vorliegt. Aber angesichts der Zeichenreste scheint dies die sinnvollste Interpretation zu sein.
4 Syntax völlig unklar.
5 Ob man das Satzfragment rein syntaktisch mit der Konstruktion des Rezepts Eb 131 vergleichen kann: jr swt dr sw s.t-ꜥ (...): „Wenn sich aber die Einwirkung (...) entfernt, (...)“?
6 mw.t: S. die Transliteration von Gardiner 1935 II. Angesichts des folgenden Gottesnamens ist die Lesung des Geiers als Logogramm für „Mutter“ naheliegend, aber die Syntax ist unsicher. Sollte von Horus und „seiner Mutter“, oder aus seiner Perspektive: „meiner Mutter“, die Rede sein? Eine Possessivangabe würde zwar bei Verwandtschaftsangaben in der Regel auch noch in dieser Zeit mithilfe von Suffixpronomina gebildet, und dann ließen die Zeichenreste kein mw.t=f zu, aber es gibt auch Ausnahmen, in denen der Possessivartikel verwendet wird, s. A. Erman, Neuaegyptische Grammatik. zweite, völlig umgestaltete Auflage (Leipzig 1933), § 167.

Fragment F

[x+1] [---] dieser [---]
[---] Eckzahn.
Eine andere Beschwörung [---]

Fragment G

[x+1] [---] es in Su1 entscheiden [---]
[---] im Unglück, während der Patient (wörtl.: der Mann) [---]
[---] ungesehen, ungehört.
Abscheu [---].
[---]

1 Su ist ein nicht genau lokalisierbarer Ort im Gau von Herakleopolis, wohl in der Nähe des Eingangs zum Fayyum gelegen. Er wurde als Geburtsort des Seth angesehen. Vgl. bspw. P. Kaplony, in: Lexikon der Ägyptologie IV, 1983, 106–108, s.v. Su, H. Gauthier, Dictionnaire des noms géographiques contenus dans les textes hiéroglyphiques V (Le Caire 1928), 61, s.v. Sesou(?), A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica (London 1947) II, *117, Nr. 392C oder P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), 2 Bd., Bibliothèque d’étude 109 (Le Caire 1994) 2, 204, Anm. 835. Zusammen mit dem Wort wpi̯: „(richterlich) entscheiden“ ist es daher denkbar, dass in diesem Satzfragment auf den Mythos vom Kampf zwischen Horus und Seth um die Herrschaft Ägyptens angespielt wird.

Fragment H

[x+1] [---] zu [---]
[---] (diese) Worte sind zu sprechen über einer Statuette, [gefertigt aus Material xy ---]1
Werde fein [zermahlen] zu [einer] Masse.
[---]

1 Wenn in der Formel ḏd-mdw ḥr NN: „Zu sprechen über ...“ das Wort twt genannt ist, ist den Belegen nach immer eine echte Statuette und nicht etwa ein auf ein Stück Leinen gemaltes Götterbild gemeint, s. DZA 30.976.130DZA 30.976.180. Meist (fast immer eingeleitet durch jri̯.w m: „gefertigt aus“) folgt dort direkt die Angabe des Materials: Verwendet werden Wachs, Lapislazuli oder Fayence.

Fragment I+L

[x+1] [---] Re, Herr [---] für ihn / zu ihm in [---]
[---]
Dieser Spruch werde [4] Mal [gesprochen], während man [auf ... (?)] spuckt.
[---] dieses [---]. Dir sollen keine Totenopfer aus meinen Zähnen gemacht werden (???) [---], indem dein Brot [---]1
[---] Seth.
Ich bin einer, der wacht/aufwacht [---]
[x+5] [---] [t]jꜣ-Leiden (???) im/am (?) Finger durch (?) (die Einwirkung eines) Toten – usw. (?) –, d[er] eintreten wird [---]2
[---] (Göttin) (?) [M]afdet3, während ich [---]
Dieser [Spruch] werde ge[sprochen] [---]

1 Unklare Aussage. Gardiner 1935 I, 126 erwägt „a jocular way of saying that the patient does not intend to sacrifice a single tooth for the benefit of any malignant spirit“.
2 Ergänzungen nach Gardiner 1935 II, Taf. 70. Der zusätzliche Vorschlag, zu tjꜣ(.w) zu ergänzen, ist rein geraten. Die Zeichenreste allein ließen auch an bjꜣ: „Erz“ o.ä. denken, aber dies lässt sich kaum in den Kontext einbinden. tjꜣ wird meist als Verkrampfung im Bereich des Kaumuskels o.ä. angesehen; aber vgl. vielleicht auch die tjꜣ.w-Schmerzen im Uterus in Kah 5.
3 [m]ꜣfd.t ist, wenn Gardiners Lesung der erhaltenen Zeichen korrekt ist (Gardiner 1935 II), die einzige mögliche Ergänzung. Die Klassifizierung mit Tierfell ist in Papyri belegt und im London Medical Papyrus wird Mafdet zusätzlich zum Tierfell noch mit einem Strich klassifiziert. Die Bedeutung des zweiten noch in der unteren Hälfte erhaltenen Striches ist unklar. Er kann kein Zahlzeichen sein (mit „[M]afdet“ als Teil eines Drogennamens „NN der Mafdet“ o.ä.), weil diese im Text rubriziert sind. Vielleicht ist es der Falke auf Standarte als Götterklassifikator.

Fragment J

[x+1] [---] neues [---]-Gefäß1 [---]

1 Von dem Wort vor der Genitiv-Nisbe ist noch der Gefäßklassifikator erhalten. Gardiner 1935 II, Taf. 70 verweist auf seine Taf. 66 (= pChester Beatty XI), A 8, wo mḥ.tt n mꜣw[.t] steht: „neue mḥ.t-Schale“. Ähnliches wird auch auf pChester Beatty XV gestanden haben. Ob es aber ebenfalls ein mḥ.t-Gefäß oder ein anderes Gefäß war, kann nicht mehr eruiert werden.

Fragment K

[x+1] [---] der eintreten wird [---]
[---] [---]-Personen (?) eintreten [---]

Weitere Fragmente1

[(26 weitere unplatzierte und unnummerierte Fragmente mit Wortresten, unpubliziert. Unter ihnen [von links nach rechts und oben nach unten] eines, in dem) eine Droge (?) herauskommt. (Auf einem anderen Fragment wird vielleicht etwas) abgewehrt2 (bevor in dessen nächster Zeile etwas) auf (etwas anderem passiert. Neben zwei Fragmenten mit unidentifizierbaren Wortresten enthält eines ein Rezept zum) Trinken3. (Auf einem Fragment mit Resten von drei Zeilen wird etwas) veranlasst/gegeben4 (und in der nächsten Zeile scheint) Gutes5 (zu) kommen. (Ein anderes Fragment mit drei Zeilen scheint ein Rezept für das) Auge (zu enthalten, in der folgenden Zeile steht:) dass du machst auf [---]. (Ein weiteres Fragment bietet den Rest eines Rezeptes mit) [Droge x]: 1. (Auf einem anderen Fragment werden) Worte (gesprochen; und auf einem weiteren Fragment ist etwas) entzündet. (Schließlich passiert noch irgendetwas) nach (etwas anderem, und auch das) Land6 (und der) Rumpf (finden Erwähnung).]

1 S. Website British Museum.
2 ḫsf: Die Ergänzung ist unsicher. Üblicherweise wird ḫsf als Ligatur geschrieben, was hier nicht der Fall ist. Zu zwei Ausnahmen, in denen das f nach der Spindel geschrieben ist, vgl. immerhin DZA 28.095.070. Angesichts des magisch-medizinischen Inhaltes des Papyrus wäre dieses Verb jedenfalls nicht überraschend.
3 swrj ist rubriziert und ist damit vielleicht eher Teil einer Überschrift als Applikationsanweisung.
4 [___]w rḏi̯ s[___]: Worttrennung unsicher. Man fragt sich, ob man das rḏi̯ zusammen mit dem folgenden s und dem kleinen Zeichenrest an der Abbruchkante des Fragments zu rḏi̯ s[wrj]: „werde zu trinken gegeben“ ergänzen könnte. Wenn ja, wäre weiterhin anhand der Faserstruktur zu prüfen, ob dieses Fragment vielleicht zu dem anderen passen könnte, auf dem das Wortende eines swrj steht.
5 nfr: Die Zeichenform, v.a. die Linienführung des unteren Bogens, spricht eher für nfr als für den tj-Stößel eines jyi̯.tj.
6 tꜣ: Danach sind noch rote Zeichenreste erhalten. Eine Ergänzung zur Droge šnj-tꜣ mit Pluralstrichen ist verführerisch, doch sind Drogennamen selten rubriziert.