Ostrakon Deir el-Medineh 1242

Metadaten

Alternative Namen
oIFAO Sequestre 261
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Institut Français d'Archéologie Orientale

Inventarnummer: oIFAO 2206

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Das Ostrakon stammt aus den Grabungen des Institut Français d’Archéologie Orientale in Deir el-Medineh und wird im IFAO aufbewahrt, wo es infolge der Suezkrise von 1956 eine Sequester-Nummer bekam.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Das Ostrakon wurde laut Grabungsbeschriftung auf dem Objekt am 14. März 1949 in der Verfüllung des großen Brunnens nördlich des Dorfes (genannt "Grand Puits") von Deir el-Medineh gefunden (Posener 1972, 36).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie, (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

W. Westendorf datiert alle fünf von ihm behandelten Ostraka in die Zeit von der Mitte der 19. bis zur Mitte der 20. Dynastie (Westendorf 1999, 61). Dies beruht auf einer Notiz von G. Posener zu den Ostraka 1001–1108 der IFAO-Grabung von Deir el-Medineh, die er in einem früheren Band publizierte (Posener 1938, VI). Die Paläographie sowie der Fundort dürften hierbei für eine Datierung in die Ramessidenzeit sprechen.

Textsorte
Rezept(e)
Inhalt

Der Text des Ostrakons beinhaltet ein unvollständiges Rezept gegen eine nicht genannte Erkrankung sowie die Anweisung zu einer Nachbehandlung. Aufgrund der Anweisung, dass etwas verbunden werden soll (Zeile 4), könnte darauf geschlossen werden, dass es sich um eine äußere Anwendung handelt.

Material
Künstliche Materialien » Keramik
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Die Tonscherbe, aus zwei Scherben zusammengesetzt, hat eine Höhe von 15,5 und eine Breite von 12,5 cm. Sie ist nur auf dem konvexen Recto (ehemalige Außenseite des Gefäßes) mit 6 Zeilen beschriftet, wobei die Beschriftung parallel zur Achse des ursprünglichen Gefäßes verläuft. Die obere rechte Ecke fehlt, weshalb die Anfänge der ersten vier Zeilen nicht erhalten sind. Ergänzt man die Ecke, wäre oberhalb der ersten erhaltenen Zeile noch Platz für ein oder zwei kurze Zeilen, möglicherweise für eine kurze Überschrift. Laut G. Posener sind am Ende der Zeilen 5 und 6 Spuren eines Palimpsestes zu erkennen (Posener 1972, 36 und Taf. 61, Anm. a). Die Leserichtung verläuft von rechts nach links.

Schrift
Hieratisch

Es existieren keine Rubra.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Zweimal wird der neuägyptische Konjunktiv verwendet und das Zahlwort steht vor dem Gezählten (Westendorf 1999, 60).

Bearbeitungsgeschichte

Das Ostrakon ist bei G. Posener im „Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh“ mit Faksimile sowie hieroglyphischer Transkription aufgeführt (Posener 1972, 36, Taf. 61–61a). Eine Übersetzung liegt im „Handbuch der altägyptischen Medizin“ vor (Westendorf 1999, 63).

Editionen

- Posener 1972: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. II,3. Nos 1109–1266, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 18, Fasc. 3 (Le Caire 1972), 36, Taf. 61–61a.

- Westendorf 1999: W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 60–63.

Literatur zu den Metadaten

- Posener 1938: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh I,3, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 1, Fasc. 3 (Le Caire 1938), VI.

- Posener 1951–1972: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. II,2. Nos 1109 à 1266, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 18 (Le Caire 1951–1972), 29.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Ines Köhler

Übersetzung und Kommentar

oDeM 1242

[1] [… ro]tes (?) [...];
[…], rotes Natron;
[jr]tjw-Pflanzen/Farbstoff (?) (oder: [Myr]rhe)1, Bodensatz/Rückstand/Reste von nḥḥ-Öl2, ägyptisches Getreide (?) (oder: Schwarzfrucht (?))3:
(Es) werde fein zerrieben.
(Es) werde darauf/damit verbunden an vier Tagen;
und du sollst es/ihn danach [5] mit Wasser von šb.t-Maische (?)4 reinigen;
und du sollst jrtjw-Pflanzen/Farbstoff (?)5 {von}⟨mit⟩ (?)6 Salbe der Rizinus-Pflanze zerreiben.
(Es) werde daran gegeben an vier Tagen.

1 [...]tjw: Ein Quadrat fehlt am Anfang, die Reste des tjw-Vogels sind eindeutig. Drogen, die laut DrogWb auf tjw enden, sind jrtjw: ein Pflanzliches Produkt oder ein Farbstoff; ꜥntjw: "Myrrhe". Die Drogen nḫtjw und nstjw haben ein Pflanzendeterminativ und kommen nicht in Betracht. Sowohl jrtjw als auch ꜥntjw kommen in Verbänden (wt) vor und ꜥntjw ist auch in Kombination mit nḏ snꜥꜥ belegt. jrtjw steht erneut (?) in Zl. 5 dieses Textes.
2 pḥ.wj nḥḥ oder pḥ.wj n(.j) (n)ḥḥ: Das Wort "(Oliven)Öl" wird entweder mit dem nḥ-Vogel oder ohne n geschrieben. Deshalb ist unsicher, ob hier ein direkter oder indirekter Genitiv vorliegt. Die Kombination von pḥ.wj und nḥḥ-Öl ist sonst nicht in den medizinischen Texten belegt. Haben wir es mit einem Rückstand aus der Verarbeitung der Öl-Kerne zu tun, oder ist es der Bodensatz oder der Rest eines Öl-Krugs?
3 pr.t km: Das Körnerdeterminativ sowie die Pluralstriche stehen hinter km, während pr.t ohne Determinativ ist. Westendorf, Handbuch Medizin, 63 übersetzt kommentarlos "ägyptisches Getreide". Das setzt entweder einen direkten Genitiv pr.t Km.t: "Getreide Ägyptens" oder ein Nisbe-Adjektiv pr.t km.t(jt): "zu Ägypten gehöriges Getreide" voraus. Beides ist in den medizinischen Texten nicht belegt, wohingegen es die unbekannten km.w-Körner gibt. Man könnte an "Frucht der km/km.t-Pflanze" denken, aber eine solche Pflanze ist nicht sicher nachgewiesen. Oder km ist das Adjektiv "schwarz": "Schwarzkörner(?)". In Lebensmittel- und anderen Produktlisten tauchen drei verschiedene Varianten von pr.t und km auf. Einmal gibt es pr.t Km.t, wobei Körnerdeterminativ und Pluralstriche (N33:Z2) hinter pr.t sowie t und Stadtdeterminativ (X1:O49) hinter Km.t stehen: pAnastasi III.A.1 und pAnastasi IV, Rto 15.11 (2 Versionen des gleichen Textes). Zweitens gibt es pr.t km mit Körnerdeterminativ und Pluralstrichen hinter pr.t und Buchrolle hinter km: oKairo CG 25680, Rto 10; oDeM 97, Rto 2.5. Die Buchrolle kombiniert mit der Haarlocke gibt es im Schiffsjournal pTurin 2008+2016, Vso 1.7, I.22 und 2.17 (Janssen, Ship's Logs, 83–84 = Peet, in: BIFAO 30, 488). Auf oLouvre E 3258 ist pr.t mit dem Getreidedeterminativ und km.t mit Körnerdeterminativ und Pluralstrichen versehen. Das Determinativ von km ist zerstört auf oKairo CG 25748.3 (Körnerdeterminativ und Pluralstriche hinter pr.t). Auf dem Amarna-Ostrakon oCoA III, Nr. 326 steht pr.t, gefolgt von einem unleserlichen Wort mit Pflanzendeterminativ und km mit der Buchrolle: "Körner der schwarzen [...]-Pflanze". J.J. Janssen, Two Ancient Egyptian Ship's Logs, Leiden 1961 = OMRO 42, Suppl., 83–84 fasst die Problematik zusammen: 2 Übersetzungen sind möglich wegen der Determinative: "black seed" und "seed of Egypt". Die Mehrheit der Belege haben Buchrolle oder Haarlocke hinter km, was für das Adjektiv "schwarz" spricht. Im Onomastikon des Amenemope stehen nacheinander btj ḥḏ.t: "weißer Emmer", btj km.t: "schwarzer (?) Emmer" und btj dšr.t: "roter Emmer", wobei km.t wie "Ägypten" geschrieben ist aber des Zusammenhangs wegen doch "schwarz" bedeuten wird (Gardiner, AEO II, 222*). Caminos, LEM 117–118 weist andererseits auf die Existenz von pr.t Šmꜥw / Šmꜥ.t: "Körner Oberägyptens / oberägyptische Körner" und pr.t Ḫꜣrw: "Körner von Syrien" hin, was dann wieder für "Körner Ägyptens" sprechen könnte.
4 šꜣbw: Von Westendorf, Handbuch Medizin, 63 unübersetzt gelassen; in Anm. 80 fragt er, ob es eine Graphie von šb.t: "Maische" sein könnte. Im MedWb 2, 842 und DrogWb 486–489 ist keine solche Schreibung mit šꜣ verzeichnet.
5 jrtjw: Die Bedeutung von jrtjw lässt sich nicht sicher fassen; vorgeschlagen werden „Farbstoff (blau?)“ oder „Beschaffenheit, Färbung“.
6 nḏ jrtjw --1Q?-- {n.w} ⟨ḥr⟩ sgnn: Am Anfang der Zeile ist entweder 1 Quadrat leer geblieben oder ein flaches Zeichen auf der Linie ist weggebrochen (die Tonscherbe bricht hier schräg weg). Beachte, dass der Schreiber die Determinative von jrjtw am Zeilenende unter dem tjw-Vogel unter die Zeile gequetscht hat. Das Verb nḏ wird immer mit der Präposition ḥr verbunden (einzige Ausnahme: nḏ m jḫ.t wꜥ.t). Hat der Schreiber Gesicht + Ideogrammstrich verlesen zu langgezogenem nw-Topf + Ideogrammstrich? Westendorf fragt sich, ob n.w für m: "mit" steht (Westendorf, Handbuch Medizin, 63).