Lattenrost des Ni-anch-Pepi mit Ibhati-Sprüchen

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
(unbekannt)

Die Holme des Lattenrostes, auf denen sich die Sprüche befinden, waren 1987 nicht im Ägyptischen Museum Kairo. Sie sind vermutlich nach der Ausgrabung in einem Magazin in Saqqara untergebracht worden und wenigstens bis 1987 dort verblieben (Osing 1987, 205, Anm. 5).

Herkunft
Niltal von Kairo bis Assiut » zwischen Kairo und Fajjum » westliches Ufer » Saqqara

Der Lattenrost, auf dem die Sprüche angebracht sind, stammt aus den Grabungen in Saqqara nördlich des Unas-Aufwegs, die unter der Leitung von S. Hassan 1937–1938 durchgeführt wurden. Er befand sich unter der Mumie auf dem Boden des rechteckigen Holzsarges des Ni-anch-Pepi alias Ni-anch-Merire, der in der Grabkammer einer wiederverwendeten Felsen-Mastaba vom Ende der 6. Dynastie bestattet war (genaue Lage verzeichnet in Hassan – Iskander 1975 I, General Plan vor Taf. 1, Nr. 24; Porter – Moss 1981, 630 und Lageplan Taf. 62). Der Holzsarg trägt die Nummer Sq21X bei Willems (1988, 32) und Sq49 bei Lapp (1993, 302).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Mittleres Reich » 11. Dynastie (nach der Reichseinigung) bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Erste Zwischenzeit

Eine genauere Datierung für die in den Felsen gehauene Mastaba selbst und somit ein Terminus post quem liegt nicht vor. Fischer schreibt: „perhaps antedates the end of the Sixth Dynasty“ (Fischer 1979, 179). Die Datierung des Lattenrostes basiert auf dem Grabinventar, auf der Typologie des Holzsarges, in dem er lag, und auf der Epigraphie der hieroglyphischen Aufschrift. Laut Fischer kann die Zweitbenutzung der Mastaba nicht früher als das Ende des Alten Reiches stattgefunden haben (Fischer 1979, 179). Als Datierungskriterien listet er auf: Statuetten in der Grabkammer sind sehr unüblich vor dem Ende des Alten Reiches; die funerären Ibhati-Sprüche sind im Alten Reich nicht in Privatgräbern belegt; epigraphische Argumente der Holmaufschriften sprechen frühestens für die 8. Dynastie; Lattenroste sind für das Mittlere Reich belegt; der Stil der gefundenen Statuetten passt vielleicht zum späteren Mittleren Reich. Osing übernimmt von Fischer, dass die Beisetzung von Ni-anch-Pepi kaum früher als in der Ersten Zwischenzeit passiert sein kann (Osing 1987, 205). Willems klassifiziert den Holzsarg bei seinen Särgen mit Außenseitendekoration Typ 1 und Innenseitendekoration Typ 1 (Willems 1988, 32), die vom Alten Reich bis in die frühe(re) 12. Dynastie genutzt wurden (Willems 1988, 122, 127, 186–189). Lapp ordnet den Holzsarg typologisch in die Übergangszeit von der 7. zur 8. Dynastie ein (Lapp 1993, 34–35, 302). Die Ibhati-Texte finden sich im Sargtextcorpus auf den Särgen M23C (Spell 930, CT VII, 131b–e) und S14C (Spell 885, CT VII, 97p–s) sowie auf dem Sarg des Henenit alias Kai aus Meir (?) (Lapp 1985, Taf. 36; Lapp 1993, 35 Anm. 14, 288 Nr. M*30 und Sigle M1Ba). Diese Textbelege helfen jedoch nicht, die Datierung einzugrenzen: Für M23C fehlt eine Datierungsangabe bei Willems und Lapp; für S14C gibt Lapp eine Datierung in der 12./13. Dynastie (Lapp 1993, 298, Nr. S85), während Willems sie bei seinen Särgen mit Außenseitendekoration Typ 1 und Innenseitendekoration Typ 1 einordnet (Willems 1988, 28); der Sarg des Henenit stammt vielleicht noch aus der Ersten Zwischenzeit (unspezifische Angabe bei Lapp 1985, ix).

Textsorte
magischer Spruch
Inhalt

Insgesamt wurden auf dem Textträger vier Sprüche angebracht, zwei auf jedem Holm, die gegen eine jbhꜣ.tj genannte Schlange gerichtet sind. Sie sind in der 1. Person Singular gehalten, d.h. werden dem Verstorbenen in den Mund gelegt, und beginnen jeweils mit der Aufforderung: „Ibhati, bleib fern von mir!“ Daraufhin identifiziert sich der Sprecher selbst „mit verschiedenen übermächtigen mythologischen Wesen“ (Osing 1987, 206) und begründet in dem folgenden Monolog den ursprünglichen Befehl. Die Sprüche haben teilweise Parallelen in den Sargtexten und Ähnlichkeiten mit anderen Schlangensprüchen aus den Pyramiden- und Sargtexten.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Sprüche sind auf einem Gestell angebracht, das in dem Sarg lag, sodass der Verstorbene darauf gebettet werden konnte. Somit sollten sie zum Schutz ihres Besitzers vor jenseitigen Gefahren dienen (Osing 1987, 206).

Material
Organisch » Holz
Objekttyp
Artefakt » Behälter » Sarg » Kastensarg
Objektteil
Gitter » Lattenrost
Technische Daten

Die Sprüche wurden auf einem Lattenrost von ca. 1,60 × 0,45 m (Länge × Breite), der als Ruhebett für den Verstorbenen diente, auf den beiden vierkantigen Längsholmen angebracht. Letztere sind durch insgesamt 24 Querleisten miteinander verbunden. Von den 24 Querleisten haben sich 15 erhalten. Die Balkendicke der Längsholme wird von Hassan und Iskander nicht genannt (Hassan – Iskander 1975 II, 19), dem Maßstab auf den Photos nach zu urteilen könnte sie ca. 3,5 × 6,5 cm (Breite × Höhe, unregelmäßig) gewesen sein. Auf der Außenseite (ca. 6,5 cm hoch) der Längsholme wurde je über die gesamte Länge eine hieroglyphische Inschrift eingeschnitten und zusätzlich auf der Oberseite (ca. 3,5 cm breit) eine hieratische angebracht, sodass teilweise zwei Versionen des gleichen Textes geboten werden (Hassan – Iskander 1975 II, 19, 21–22 und Osing 1987, 205–206).

Schrift
Hieratisch, Hieroglyphen

Der Spruch wurde in zwei Versionen auf einem Lattenrost angebracht: Auf der Außenseite von dessen Längsholmen steht eine hieroglyphische, eingravierte Inschrift, auf deren Oberseite eine hieratische, aufgemalte Version (Osing 1987, 205–206). In der hieroglyphischen Fassung wird die Personenhieroglyphe A1 in der „abgekürzten“ Form ohne Unterkörper (D77) wiedergegeben.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Die Erstpublikation stammt von Hassan – Iskander 1975 II, 21–22 und Taf. 19–20, allerdings nur mit Photographien, einer fehlerhaften hieroglyphischen Abschrift in Bleihieroglyphen und einem ungenügenden Faksimile des hieratischen Textes. Eine Wiedergabe des hieroglyphischen Textes nach den Photographien, eine hieroglyphische Umsetzung der hieratischen Version von Hassan, die Parallelisierung mit der Sargtextedition, eine Übersetzung und eine Kommentierung dazu legte Osing 1987 vor. Eine neuere Übersetzung und Textgliederung stammt von Stegbauer (2015).

Editionen

- Hassan – Iskander 1975 I: S. Hassan – Z. Iskander, Mastaba of Neb-Kaw-Ḥer, Excavations at Saqqara, 1937–1938 – Volume I (Cairo 1975).

- Hassan – Iskander 1975 II: S. Hassan – Z. Iskander, Mastabas of Ny-ankh-Pepy and Others, Excavations at Saqqara, 1937–1938 – Volume II (Cairo 1975).

- Osing 1987: J. Osing, Sprüche gegen die jbhꜣtj-Schlange, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Abteilung Kairo 43, 1987, 205–210.

Literatur zu den Metadaten

- Fischer 1979: H. G. Fischer, Review von: Hassan – Iskander 1975, I–II, in: Journal of Egyptian Archaeology 65, 1979, 176–182, hier: 179–180.

- Lapp 1985: G. Lapp, Särge des Mittleren Reiches aus der ehemaligen Sammlung Khashaba (Ägyptologische Abhandlungen 43), Wiesbaden 1985.

- Lapp 1993: G. Lapp, Typologie der Särge und Sargkammern von der 6. bis 13. Dynastie (Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens 7), Heidelberg 1993.

- Porter – Moss 1981: B. Porter – R. L. B. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. III2. Memphis. Part 2. Ṣaqqâra to Dashûr (2. Auflage), Oxford 1981.

- Stegbauer 2015: K. Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen in der ägyptischen Bronzezeit, Borsdorf 2015, 186–188 (Spruch 18) (https://doi.org/10.11588/propylaeum.529).

- Willems 1988: H. Willems, Chests of Life. A Study of the Typology and Conceptual Development of Middle Kingdom Standard Class Coffins (Mededelingen en verhandelingen van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap „Ex Oriente Lux“ 25), Leiden 1988.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Katharina Stegbauer
Mitwirkende
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Hieroglyphische Version

[Übersetzung nach Stegbauer 2015, 186–188 (Spruch 18)]

1. Strophe

[westlicher Holm] [Ibh]ati, bleib mir fern!
Denn ich bin doch der Brennende unter den Schrecklichen!
Ich bin auf der Suche nach einem, der gegen unseren Terror1 ausgesandt ist.

2. Strophe

Ibhati, bleib mir fern!
Ich bin der Größte der Großen im großen Kampf.
Zerbrich nicht die Wurfhölzer des Seths an der Seite derer, die in ihrem Kampf sind.

3. Strophe

[östlicher Holm] Ibhati, bleib mir fern!
Ich bin der mit schnaubendem Gesicht, der inmitten seiner Erregung ist an dem Tag, an dem die beiden Brüste ⟨der⟩ Redethas den packen, der in seiner Bügelfalle ist.2

4. Strophe

Ibhati, bleib mir fern!
Ich bin der, der mit seinem Auge herausfordert, der Vorderste des Hauses des Setjen, die nꜥ.w-Schlange3 im Inneren dessen, [was die beiden Arme des Schu begrenzen].

1 Zur Lesung nr.w=n vgl. Osing 1987, S. 207, Anm. f. Zu nr(w) im Allgemeinen: Y. Koenig, Les effrois de Keniherkhepeshef (Papyrus Deir el-Médineh 40), in: Revue d’Égyptologie 33, 1981, 29–37, hier 34–35.
2 Osing 1987 schlägt vor, die beiden Brüste der Redethas auf die beiden Bügel der Bügelfalle zu beziehen. Das mythische Wesen ist laut Osing anderweitig unbekannt.
3 ꜥn: Wie Osing 1987 deutlich macht, handelt es sich bei ꜥn vermutlich um eine Variante des geläufigeren nꜥ.w.

Hieratische Version

[Übersetzung nach Stegbauer 2015, 186–188 (Spruch 18)]

1. Strophe

[westlicher Holm] Ib[hati, bleib mir fern!]
[Denn ich bin doch der Brennende] unter [den Schrecklichen!]
Ich bin auf der Suche nach einem, der gegen unseren Terror1 ausgesandt ist.

2. Strophe

[Ibhati, bleib mir fern!]
[Ich bin der Größ]te der [Gro]ßen [im großen Kampf.]
[Zerbrich] nicht [die Wurfhölzer] des Seth an der Seite derer, die im Kampf sind. ...?...

4. Strophe

[östlicher Holm] Ibhati, bleib mir fern!
Ich bin der, der mit seinem Auge herausfordert, der Vorderste des Hauses des Setjen, die nꜥ.w-Schlange2 im Inneren dessen, was die beiden Arme des Schu begrenzen. ...?...

1 Zur Lesung nr.w=n vgl. Osing 1987, S. 207, Anm. f. Zu nr(w) im Allgemeinen: Y. Koenig, Les effrois de Keniherkhepeshef (Papyrus Deir el-Médineh 40), in: Revue d’Égyptologie 33, 1981, 29–37, hier 34–35.
2ꜥn: Wie Osing 1987 deutlich macht, handelt es sich bei ꜥn vermutlich um eine Variante des geläufigeren nꜥ.w.