Ostrakon Leipzig ÄMUL 1906

Metadaten

Schlagwörter
Alternative Namen
Interne Inventarnummer von / Internal inventory number from Černý – Gardiner 1957: O. Leipzig 17
Aufbewahrungsort
Europa » Deutschland » (Städte H-M) » Leipzig » Ägyptisches Museum –Georg Steindorff–

Inventarnummer: ÄMUL 1906

Erwerbsgeschichte

Die Hintergründe und das Datum des Erwerbs (vor 1911 und eventuell vor 1905) sind unbekannt. Steindorff stellte Gardiner das Ostrakon zusammen mit 40 oder 41 weiteren Leipziger Ostraka in dessen Berliner Wohnung zur Verfügung, nach dessen Studienreise nach Leiden (Frühling 1905). Gardiner nummerierte die Ostraka, die alle vermutlich noch nicht inventarisiert waren (?), für sich als O. Leipzig 1–42 und schickte sie 1911 nach Leipzig zurück (Černý – Gardiner 1957, vi). Anzunehmen ist, dass sie entweder durch Georg Ebers oder (wohl eher) durch Georg Steindorff in Ägypten angekauft worden sind.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer

Gardiner schreibt, dass bis auf eine Ausnahme alle Ostraka, die er 1957 gemeinsam mit Černý publiziert, eine thebanische Herkunft haben (Černý – Gardiner 1957, v). Das würde also auch für die 29 von ihm publizierten bzw. 42 von ihm untersuchten Leipziger Ostraka zutreffen.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie, (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie

Gardiner schreibt, dass alle Ostraka, die er 1957 gemeinsam mit Černý publiziert, zwischen der 18. und 20. Dynastie datieren (Černý – Gardiner 1957, v). Laut Beck kann die Datierung von Ostrakon Leipzig ÄMUL 1906 paläographisch auf die 19.–20. Dynastie mit einer Tendenz zur 19. Dynastie eingegrenzt werden (Beck 2015, 126 mit Anm. 341).

Textsorte
Inhalt

Der Text ist eine verkürzte Parallele zur Beschwörung pLeiden I 343 + I 345 rt. 6,2–8,10 (genau: rt. 6,2–7,4), mit wenigen Abweichungen. Davor und danach befinden sich Scharnierverse, die einen vorangehenden Spruch ausleiten bzw. einen nachfolgenden einleiten (Beck 2015, 126–127 mit Anm. 342). Inhaltlich handelt es sich um einen Abwehrzauber gegen die Samanu-Krankheit.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Scharnierverse weisen darauf hin, dass diese Textkopie im Rahmen der Schreiberausbildung aufgeschrieben wurde und eine Schreibübung ist.

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Maße: 26 × 20 cm (Höhe × Breite). Das Objekt ist in fünf Stücke zerbrochen (jetzt geklebt), aber einige Bruchränder sind vermutlich kriegsbedingt abgeplatzt und fehlen heute. Der untere Teil der Vorderseite (von Gardiner fälschlicherweise Verso genannt) entspricht dem oberen Teil der Rückseite (von Gardiner fälschlicherweise Recto genannt). Der rechte Rand von Vorder- und Rückseite sind abgebrochen, so dass überall der Zeilenanfang fehlt. Es befinden sich neun Zeilen Text auf der Vorderseite und elf Zeilen auf der Rückseite. Auf der Rückseite ist oberhalb der ersten Zeile ein horizontaler (Trenn?)Strich angebracht. Die Schrift ist zu großen Teilen verblasst.

Schrift
Hieratisch

Die Leserichtung ist von rechts nach links. Es ist keine Rubrizierung vorhanden, und es wurden auch keine Verspunkte gesetzt.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Entsprechend der Parallele pLeiden I 343 + I 345 rt. 6,2–8,10, die in einem traditionellen Mittelägyptisch verfasst ist (dazu Beck 2015, 99).

Bearbeitungsgeschichte

Gardiner hat das Ostrakon in Faksimile (nur Verso) und hieroglyphischer Transkription veröffentlicht (Černý – Gardiner 1957). Eine Übersetzung mit (synoptischer) hieroglyphischer Transkription und Kommentar bietet Beck 2015.

Editionen

- Černý – Gardiner 1957: J. Černý – A. H. Gardiner, Hieratic Ostraca I (Oxford 1957), 5, 30, und Taf. 14 Nr. 5, 14a Nr. 5, 114 Nr. 3.

Literatur zu den Metadaten

- Beck 2015: S. Beck, Sāmānu. Ein vorderasiatischer Dämon in Ägypten, Ägypten und Altes Testament 83 (Wiesbaden 2015), 126–140.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Marc Brose

Übersetzung und Kommentar

Beschwörung 1

[rt.1] [… …]
Werde [da]mit verbunden.

Beschwörung 2

[…] oh Samanu.1
[… …], wie der, der auffliegt […] an dem hohen Ort […] [rt.5] [A]mun-Re (?), wenn er sich erhebt.
[… … oh] Samanu, der eingetaucht ist.
[… … die, die (?)] ⟨mit⟩ den Schlangen reden, die, die die Schlangen töten, die, die ein Ende machen dem Atem der Kjp2, ihrer Mutter.
Siehe, sie hat gesaugt [an [vs.1]3 den Brüsten der] Anat, der [großen] Kuh4 [des Seth].
Siehe, [viele] Worte sind gegen dich, oh Achu.
Du wirst sie (= die Worte) trinken aus dem [großen] Kel[ch des] Ba’al.
Du wirst sie vollends austrinken aus seinem [Becher].
Höre, höre, oh Achu, die Stimme des Seth beim Gebrüll!
[vs. 5] [Du (?)] bist […], während deine Finger verdreht sind.5
[Seth] wird dich [empor]heben [mit (?)] seinem/r […].
Du wirst emporgehoben von seiner Hand.
[Du wirst (?)] geschlagen (?) […] der feste Stein aus sḏr6 […] sein Gesicht.
⟨Du⟩ wirst dich nicht (mehr) erheben!7
Dein Abbild wird nicht in [seinen (?)] Gliedern sein.7
[Zu rezitieren] über mjmj-Körnerfrucht.
Werde zerrieben in Wasser.
Werde damit verbunden.

1 Beschwörung Nr. 2 ist eine Parallele zur Beschwörung pLeiden I 343 + I 345 rt. 6,2–8,10 (genau: rt. 6,2–7,4), mit wenigen Abweichungen. Davor und danach befinden sich Scharnierverse, die einen vorangehenden Spruch ausleiten bzw. einen nachfolgenden einleiten; siehe Beck 2015, 126–127 mit Anm. 342. Ergänzungen und Emendationen hier beruhen weitgehend auf dem Paralleltext, wurden aber nur dann vorgenommen, wenn kein berechtigter Zweifel darüber bestand. Die Segmentierung richtet sich ebenfalls nach dem Parelleltext.
2 Kꜣjpw: Hapax legomenon. Nach der Parallelstelle pLeiden I 343 + I 345 rt. 6,10 ist aber eine Bezeichnung für einen weiblichen Schlangendämon gemeint.
3 Über der ersten Zeile des Verso ist ein großer Trennstrich angebracht.
4 ꜥmꜥrꜥy: Nach A. Massart, The Leiden Magical Papyrus I 343 + I 345, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden. Supplement 34 (Leiden 1954), 73 Anm. 15 geht dieses Wort zurück auf sumerisch amar „junger Ochse“. J. E. Hoch, Semitic words in Egyptian texts of the New Kingdom and Third Intermediate Period (Princeton 1994), 67–68 Nr. 73 möchte das Wort entweder mit semit. ḥlb „Milch“ oder ꜥwl „säugen“ verbinden. Gegen beide Deutungen Beck 2015, 137–138 ad 9b, allerdings bestätigt sie, dass es sich um ein Wort für ein weibliches Rind handeln muss (der Klassifikator ist E1 „Rind“).
5 Beck 2015, 129 Nr. 14 mit 133 Nr. 14b liest hier: [ḥw]tywt ḏbꜥ.w=k mꜣꜥ nꜣ […], und übersetzt S. 135 Nr. 14b (ohne Kommentar) „[…] deine wahren (?) Finger werden [gesch]lagen.“ Dieser Satz kommt im Paralleltext nicht vor.
6 sꜣḏꜣjrꜥ: Hapax legomenon. Dem Kotext und dem Determinativ („Stein“) nach eindeutig eine Gesteinsart. Im Paralleltext kommt der Satz nicht vor.
7 Dieser Satz kommt im Parelleltext nicht vor.

Beschwörung 3

[vs. 10] […] oh Samanu [… … …].